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"Von seiner Geburt bis zur Verbrüderung mit Manlir'tha"
("Hratakhs Leben" - Teil 1)

(von Stefan Reichelt)

Tief unter der Erde von Nkira'dirat kniete eine kräftig gebaute Nkira'taki vor dem uralten Altar nieder. Sie hatte einen großen Beutel auf dem Rücken, der mit ihr verwachsen war. Durch die Haut schimmerte etwas Undefinierbares. Bewegungen waren sichtbar. Die Nkira'taki empfand große Schmerzen, doch sie ertrug es mit einem Lächeln. Die Hände ineinander verkrampft, blickte sie auf das steinerne Abbild eines Vorlonen, das gleich neben dem eines Schatten stand. Zwischen die zusammengebissenen Zähne hindurch murmelte sie die alte Formel: "Ihr Götter, die ihr uns geschaffen habt, gedenkt der Wesen, die für euch leiden, um selbst zu bestehen! Ich weihe das neue Leben, das bald das Licht dieser Welt erblickt, dem Erhalt meiner Rasse und der Ordnung in der Galaxis, wie sie die Vorlonii gelehrt haben. Möge die Ehre ihn nie verlassen. Möge er ehrenvoll sterben und nicht als Feigling oder Verräter. Wenn ich das neue Leben in die Freiheit entlassen habe, werde ich es dem Clan übergeben. Die Rechte über diesen Teil meines Körpers gehen auf La'kith, die Matriarchin meines Stammes über. Ich mache Gebrauch vom einzigen Recht, dass mir in Bezug auf ihn zusteht: Die Namensgebung." Sie hielt inne. Die Harzkerzen verströmten einen beißenden Geruch, ihre Sicht verschwamm. Sie blinzelte die Tränen weg. Eine neue Schmerzwelle durchzuckte sie. Der Ungeborene versuchte, sich mit den Krallen aus dem Hautsack zu befreien. Sie zwang sich zu einem vernünftigen Gedanken. Ja, einen Namen hatte sie bereits erdacht. Also sprach sie mit fester Stimme weiter: "Ich nenne den Nkira'taki, der bald der Sohn der La'kith sein wird, Hrat." Der Name hallte durch ihren Kopf. Hrat war ein einfacher, aber guter Name für einen Krieger. Viele Spezies der Galaxis hatten Hrats gehabt. Einige übersetzten das Wort mit "Ritter", andere mit "Anla'shok". Ein Hrat kämpft für die Ehre. Er handelt stets so, wie es der weise Na'tarr forderte. Stolz durchflutete sie. Ja, sie würde dem Clan einen Hrat schenken. Nun wurden die Schmerzen heftiger. Die Haut riss, eine lange Kralle kam zum Vorschein. Blut lief aus dem Loch. Die Nkira'taki hatte Schwierigkeiten, nicht vor Schmerz zu schreien. Doch es bringt Unglück, bei der Geburt eines Kriegers zu schreien. Denn dann würde er am Ende seines Lebens auch schreien. Schwieg die leibliche Mutter bei der Geburt, würde der Krieger in Würde sterben. Keuchend legte sie sich auf die Seite, damit Hrat nicht so weit fallen würde, wenn er den Hautsack verließ. Das Loch wurde immer größer. Jetzt kamen zwei kleine Hände zum Vorschein. Die überdimensionalen Krallen weiteten die Öffnung. Wieder traten Tränen in ihre Augen. Doch sie schrie nicht. Dann endlich war die Öffnung groß genug. Mit den Armen voran schob sich Hrat an das Tageslicht. Er hatte nur die Arme zur Verfügung, denn der Rest des Körpers steckte, vom Kopf abgesehen, in dem starren Exoskelett, das ihn noch eine Weile begleiten würde. Mit großen Augen sah er sich um, erblickte die Statuen, vor denen seine leibliche Mutter zitternd kniete. Doch statt zu brüllen, wie es viele Neugeborene taten, ertönte ein glucksendes Lachen. Er lachte über die steinernen Wesen, die seine Art geschaffen hatten, über die Unfähigkeit, sich zu bewegen. Er konnte zumindest seine Arme bewegen, sehen und Hunger verspüren. Und der Hunger war von Allem das dominierende Gefühl...

Keuchend lag die Nkira'taki auf dem steinernen Boden. Der Hautsack hing in Fetzen von ihrem Rücken, Hrat, der Neugeborene, lag neben seiner leiblichen Mutter, die er nie kennen lernen würde. Er konnte nur seine Arme und seinen großen Kopf mit den klugen, eisgrauen Augen bewegen. Immer noch lachte er. Doch sein Appetit meldete sich. Er würde in den nächsten Monaten ungeheure Mengen Kalk und zusätzlich viel Fleisch benötigen. Langsam, immer noch zitternd erhob sie sich, betrachtete den kleinen Krieger, dem sie das Leben geschenkt hatte, den sie bald dem Clan schenken musste. Es war so ungerecht: Sie hatte unsägliche Schmerzen erlitten, das schwere Ungeborene stets bei sich getragen und dafür gesorgt, dass es schnell größer werden konnte, in dem sie viel Kalk zu sich nahm. Und nun sollte sie das Baby einfach abgeben. Hrat würde nicht sie, sondern La'kith als seine Mutter ansehen. Doch die uralten Regeln forderten es, sie konnte unmöglich dagegen verstoßen. Mühevoll erhob sie sich, ergriff das kleine Bündel, das sie mit einem Blick anstarrte, der ihr einen eisigen Schauer durch den Körper jagte. Es schien, als ob Hrat jeden ihrer Gedanken las und auch verstand. Natürlich würde auch Hrat Telepath sein, wie jeder Nkira'taki. Aber in diesem Alter konnte er sie unmöglich verstehen, hatte doch keine Ahnung, was ihn erwartete. Die Nkira'taki schleppte sich mühsam aus dem Raum. Auf den Stufen des Altars hinterließ sie eine Blutlache, wie schon viele Mütter vor ihr. Der restliche Weg war weniger beschwerlich. Die riesige Stadt tief unter der Oberfläche Nkira'dirats war mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet. Mit dem nächsten Turbolift fuhr sie an die Oberfläche. Ein Robotgleiter brachte sie in die Stadt ihres Clans. Sie fuhr genau auf das zentrale Gebäude zu, das alle anderen überragte: Die Hauptresidenz der Matriarchin La'kith. Meist hielten sich die Mitglieder des Clans auf freiem Feld auf, doch die Aufnahmezeremonien fanden im Palast statt. Schwankend schritt sie die lange Treppe empor. Der kleine Hrat kicherte der rötlichgelben Sonne Nkira'dirats entgegen. Zischend sausten seine Krallen durch die Luft, als ein Schmetterling versuchte, sich auf seine Nase zu setzen. Säuberlich in Streifen geschnitten sank das Insekt zu Boden. Hrat lachte wieder. Seine Mutter seufzte. Hrat würde noch viel lernen müssen. Zum Beispiel, dass man einem fühlenden Lebewesen keinen unnötigen Schmerz zufügen durfte. Der Kleine verstummte, als er in den riesigen Saal getragen wurde, an dessen Ende La'kith, die Matriarchin des Clans, thronte. Mit einem milden Lächeln empfing sie die Frau, die ihr den kleinen Krieger weihen wollte/musste. Sie war alt. Sehr alt. Doch die Frauen der Nkira'taki können ein Alter von bis zu 350 Standartjahren erreichen, Wogegen die Männer aufgrund hoher Beanspruchung als Krieger und Arbeiter oft nur halb so alt wurden. Müde leierte die Mutter die alte Formel herunter, mit der sie La'kith ihren Sohn weihte: "Mein Sohn soll der Gemeinschaft dienen und wenn es nötig ist als Krieger für die Ordnung im Universum sterben. Ich weihe ihn deshalb der Gemeinschaft und damit dir, o große La'kith, Matriarchin meines Clans, damit er von den Kinderfrauen unseres Clans aufgezogen werden und zusammen mit anderen jungen Kriegern aufwachsen kann. Die Gemeinschaft ist alles, ich bin nichts. Bakatt!" Für La'kith war es Routine, doch jedes Mal erfüllte es sie mit Freude, ein neues Kind unter ihrer Obhut zu wissen. Der Kleine, der sie da mit klugen Augen anstarrte, würde von ihren Kinderfrauen professionell erzogen und ernährt werden. Auch sie sprach eine alte Formel: "Ich danke dir, leibliche Mutter des Kindes, das du mir weihst. Ich werde deinen Sohn aufziehen, als hätte ich ihn selbst geboren, er wird ehrenvoll leben und ehrenvoll sterben. Nun nenne mir den Namen, den du ihm gabst, damit ich ihn vollenden kann." Ohne zu zögern antwortete die Frau: "Er heißt Hrat. Denn er soll unserem Clan dienen, wie es nur ein Hrat kann." La'kith sprach nun den letzten Teil der Aufnahmeformel, die, inzwischen etwas modernisiert, für fast jeden Namen anders lautete: "Der Name ist weise gewählt. Ich werde ihn erziehen lassen, wie es einem Hrat gebührt. Er wird Krieger werden und die Ehre wird seinen Lebenspfad stets lenken. Er wird intensiv in allen Kampfarten unterrichtet werden, bis er ein wirklicher Hrat ist. Und als Zeichen, dass er nun dem Clan der La'kith angehört, soll er fortan den Namen HratAKH tragen, denn jeder Kriegername meines Clans endet so." Die Zeremonie war vorbei, der kleine Hrat, der nun Hratakh hieß, hatte davon nicht viel mitbekommen. Sein Blick wanderte in jede Ecke der Halle, ob denn nicht irgendwo etwas zu essen sei. Er bekam ein wenig Angst, als er plötzlich in andere Hände übergeben wurde und das Wesen, aus dem er gekommen war, den Raum verließ. Doch das andere Wesen sah fast genauso aus. Es war nur etwas größer, blickte ihn genauso liebevoll an wie das andere Wesen. Er versuchte, den Gesichtsausdruck nachzuahmen, was La'kith zum Lachen brachte. Nun, das konnte er schon seit er zum ersten Mal Luft geatmet hatte. Also lachte er auch. Nun ging es wieder auf die Reise. La'kith trug das kleine Bündel in einen anderen Raum, wo ein anderes kleines Wesen saß, das ihn ebenso staunend anblickte wie er es. Er hob die Krallen, um mit dem Wesen zu spielen und es tat exakt das selbe. Er neigte den Kopf, das kleine Wesen auch. Nun war sein Interesse vollends geweckt. Er blickte mühsam an sich herunter, sein Panzer behinderte seine Bewegungen. Und er staunte wieder: Sein Körper sah genau so aus wie der Körper des kleinen Wesens vor ihm! Er lachte und das kleine Wesen auch. Nur lautlos. Dann endlich erkannte er, was er da vor sich hatte. Sein Spiegelbild! Er zeigte auf sich, das Spiegelbild auch. Freudig erregt klatschte er in die Hände, genau wie das Spiegelbild. Doch nun näherte sich das große Wesen wieder, das ihn her gebracht hatte. La'kith war von Stolz erfüllt. Kaum ein Kind hatte die Selbsterkennungszeremonie so schnell hinter sich gebracht, wie er. Manche saßen Stunden vor dem Spiegel und rührten sich nicht. Er hatte unglaublich schnell gelernt. Nun trug sie ihn in das Gemeinschaftszimmer, wo viele andere Neugeborene auf ihn warteten. Sie hatten alle etwas in der Hand, das so aussah, als könne man es essen. Hratakh brüllte freudig auf und streckte die Klauen dem Essen der anderen entgegen. Doch die gaben es ihm nicht! immer, wenn er sich etwas nehmen wollte, schlugen sie ihn mit ihren Krallen. Verdutzt lehnte er sich zurück. Er wusste nun, dass er auch so ein Wesen war und hatte sofort bemerkt, dass diese Wesen NICHT seine Spiegelbilder waren. Doch warum gaben sie ihm nicht einfach, was er haben wollte? Hatten sie auch Hunger? Seine Vorstellungskraft reichte aus, damit er sich selbst vorstellen konnte, was er in der Situation der anderen getan hätte, wenn er etwas zu essen in der Hand hätte. Also setzte er sich hin und wartete darauf, dass er auch so etwas bekam. Doch dann sah er, dass in einer Ecke eine große Keule mit rohem Fleisch und einem leckeren Knochen lag. Kichernd rutschte er darauf zu, sich mit seinen Armen vorwärts ziehend. Doch plötzlich rutschte ihm ein anderes Wesen in den Weg. Es hatte schon eine Keule in der Hand und wollte sich die freie auch noch nehmen! Nein, das war nicht gerecht. Das erkannte er. Also handelte er instinktiv, wie nur ein Hrat handeln konnte: Er wehrte sich. Gezielt schlug er mit den Krallen in das Gesicht des Wesens, das ihm das Essen strittig machte. Er traf die Nase und es heulte auf. Nun konnte er sich den Leckerbissen nehmen. Endlich konnte er seinen riesigen Hunger besänftigen, schlug seine Zähne in das Fleisch, zermalmte den Knochen und schluckte ihn ebenfalls. Das Wesen, das ihn zuvor belästigt hatte, nahm sich schweigend seine Keule und kaute darauf herum. Hratakh hatte die zweite und dritte Lektion gelernt: Man soll einem anderen nicht nehmen, was ihm gehört, aber sich auch nicht nehmen lassen, was einem selbst gehört. Diese Lektion lernte man nur in dem Zimmer, in dem die zukünftigen Krieger untergebracht wurden. Im Raum mit den späteren Arbeitern bekam jeder seine Keule in die Hand gedrückt. La'kith war erstaunt über die schnellen Fortschritte ihres neuen Zöglings. Es schien, als ob er wirklich ein geborener Hrat war, denn er hatte auf Anhieb die Grundregeln der Gerechtigkeit gelernt und noch dazu für sein Alter auf beeindruckende Weise gekämpft...

Laute Geräusche kamen aus dem Raum, in dem Hratakh untergebracht war. Besorgt sah die Kinderfrau hinein. Stellte er wieder etwas an? Hatte er schon wieder sein Bett zerlegt? Nein, dieses Mal saß er ruhig in einer Ecke, blickte konzentriert. Es knackte, als ob ein vertrockneter, alter Baum umknickte. Nun erkannte die Kinderfrau, was los war: Hratakh verlor sein erstes Exoskelett! Schnell rief sie weitere Kinderfrauen herbei. Dieser Moment musste überwacht werden. Natürlich hinter einem halbdurchsichtigen Spiegel, um den Kleinen, der in dieser Situation seine Ruhe brauchte, nicht zu stören. Langsam bildeten sich, besonders im unteren Bereich, Risse. Die harte Schale brach immer mehr auf. Hratakh kniff die Augen zusammen. Auf telepathischem Wege erkannten die Kinderfrauen, dass er von innen seine fertig ausgebildeten Beine gegen den Panzer stemmte, um ihn loszuwerden. Nach mühevoller Arbeit hatte er sich befreit. Nun lag er völlig nackt auf dem Boden. Nur eine dünne Haut war dort, wo sich bald ein neuer Panzer ausbilden würde. Er setzte sich hin und betrachtete seine Beine. Er hatte keine Ahnung, wozu diese Dinger da waren. Bisher hatte er sich immer mit den Armen fortbewegt oder wurde getragen. Doch auch diese Gliedmaßen hatten kräftige Muskeln und mussten irgendwie nützlich sein! Zaghaft bewegte er sie. Er bemerkte, dass man auch mit diesen Dingern fühlen konnte. An den Enden waren ähnliche Krallen wie das bei seinen Armen der Fall war. Nun erinnerte er sich scheinbar, dass die größeren Wesen ebenfalls solche Beine hatten und wie sie sie benutzten. Langsam und vorsichtig setzte er sich auf seine Füße und ging etwas wackelig in die Höhe. Staunend blieb er dann stehen und betrachtete die Welt. Alles war viel kleiner geworden! Jauchzend ließ er sich wieder fallen. Dann stand er wieder auf. Und schon machte er seine ersten Schritte. Wieder freuten sich die Kinderfrauen über den schnellen Lernerfolg des kleinen Kriegers. Sie sahen zu, wie er sich über die verstreuten Reste seines alten Exoskeletts hermachte. Knirschend gab es seinen kräftigen Zähnen nach. Er brauchte jetzt dringend Kalk. Überhaupt würde er jetzt noch wesentlich größere Nahrungsmengen vertilgen als vorher. Schließlich würde er innerhalb eines halben Jahres die stattliche Größe von ca. 2 Meter erreichen! Er würde dazu fast ununterbrochen essen. Nun wurde es Zeit, ihn auf eine Jungkriegerschule zu schicken. Er musste schnell lernen, seine noch schneller wachsende Kraft bedacht einzusetzen. Ohne Schulung konnte er zur Gefahr für sich und andere werden. Ab jetzt hatten die Kinderfrauen nichts mehr mit ihm zu tun. Ein bereit stehender Krieger kam in den Raum hinter den Spiegeln. Hastig begrüßte er die Frauen. Diese sagten genauso eilig: "Das ist er. Sein Name ist Hratakh. Er ist außergewöhnlich begabt und bedarf intensiver Ausbildung." Der Krieger entgegnete mürrisch: "Wir werden selbst erkennen, was er für Fähigkeiten zeigt. Wenn er wirklich so gut ist, wird er seinem Namen entsprechend kämpfen. Und wenn er wie ein Hrat kämpft, kommt er in eine meiner Horden." Damit war die Konversation beendet. Krieger und arbeitende Frauen wichen sich stets aus und beschränkten ihre Gespräche auf ein Mindestmaß. Wenn sie sich begegneten, trafen jedes Mal zwei Kuriositäten aufeinander: Kinderfrauen waren nahezu die einzigen Frauen, die auf Nkira'dirat körperliche Arbeit verrichteten und Krieger waren die einzigen Nkira'taki, die neben ihrer Matriarchin männliche Anführer hatten. Auch Hratakh würde so ein Krieger werden, der Frauen nur gegenüber stand, wenn es um nichtmilitärische, organisatorische Angelegenheiten oder um die Fortpflanzung ging. Doch bis zur kurzen Fortpflanzungsphase waren noch mindestens 20 Jahre Zeit. Nun würde erst einmal die mühevolle Ausbildung zum Krieger beginnen. Hratakhs Lehrmeister würde derjenige sein, der ihn aus der Aufzuchtsstation geholt hatte: Murrakh, Sohn der La'kith, Anführer dreier Bodenhorden, jede Horde wie üblich aus 30 Kriegern bestehend. Wenn sich sein Schüler als würdig erwies, würde er in eine der Horden aufgenommen werden, falls es ihn nicht zu den Sternen verschlug...

Mit zornigem Blick hielt Hratakh seine Hand vor die verwundete Stelle am Bauch. Murrakh ignorierte es und blickte tadelnd zurück. Dann sagte er ruhig: "Du darfst dich nicht von deinen Emotionen leiten lassen! Wenn du wütend bist, darfst du dennoch nicht wie ein Wütender kämpfen! Wut macht unaufmerksam. Konzentriere dich auf deinen Körper, deine Kraft und deinen Gegner." Blitzschnell kam Murrakhs Seitenhieb. Doch dieses Mal hatte sein Schüler besser aufgepasst. Er wehrte ihn mit dem Unterarm ab und schlug mit aller Kraft nach dem Kopf seines Lehrers. Doch Murrakh wich aus und schlug Hratakh gezielt auf den Rücken, so dass dieser nach vorn umkippte. Verzweifelt brüllte er den vor ihm liegenden an: "Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du deine Kraft sorgsam einsetzen sollst? Wenn du deine ganze Kraft in einen Schlag legst, verlagerst du dein Gleichgewicht zu sehr in Richtung des Schlages. Los. Greif mich nochmal an!" Mürrisch erhob sich der junge Krieger. Es hasste es, so streng ausgebildet zu werden. Gegen die anderen Schüler gewann er immer, doch seinen Lehrer hatte er noch nie auf den verdammt harten Boden geworfen. Dieses Mal konzentrierte er sich. Sein Bein schnellte vor, die Klauen auf den empfindlichen Bauch seines Lehrers gerichtet. Doch mit einem Tritt zur Seite wehrte Murrakh den Angriff ab. Hratakh hatte Mühe, die Balance zu behalten. Doch erstaunlicherweise erhellte sich die Miene des Ausbilders. Er meinte: "Schon besser, junger Krieger. Wenn ich es nicht gewesen wäre, hättest du eventuell treffen können. Nun geh wieder zu den anderen Schülern und nimm an den regulären Übungen teil." Stolz über das seltene Lob seines Lehrers rannte Hratakh zu der Gruppe junger Nkira'taki, die schweigend ins Übungsgefecht vertieft waren. Eine Staubwolke umhüllte sie. Es waren zwei Gruppen, die gegeneinander kämpften, wie in einer echten Schlacht. Und es ging auch fast so hart zu. Hratakh mischte sich in die Gruppe, die am verlieren war. Nicht nur sein Stolz, die Schlacht aus eigener Kraft für ihn entscheiden zu können, trieb ihn dazu. Es war auch sein Sinn für Gerechtigkeit. Mit wildem Kriegsgebrüll stürmte er auf die Staubwolke zu und rammte den ersten Gegner zu Boden. Geschickt wich er einigen Hieben aus und verteilte dafür um so vernichtendere Schläge. Langsam arbeitete er sich zu Brabakh, seinem Freund, vor. Als dieser den tobenden Krieger erblickte, schlug er schnell den letzten im Weg stehenden Nkira'taki in den Bauch, der daraufhin stöhnend zusammenklappte. Nun kämpften die beiden Schulter an Schulter. Hratakh hatte es endlich begriffen: Selbst im unübersichtlichsten Gewühl war es wichtig, nicht die Nerven zu verlieren. Nur zuschlagen, wenn man sich sicher sein kann, dass man auch trifft. Und auf keinen Fall zu viel Kraft investieren, wenn der Gegner zu beweglich ist. Elegant wie ein Tänzer wirbelte Hratakh durch die Menge. Ein sorgfältiges Staccato aus Hieben und Tritten ließ schließlich auch den letzten Gegner zu Boden gehen. Am Ende standen nur noch Brabakh und Hratakh, gratulierten sich, während um sie herum die geschlagenen Mitschüler unter Ächzen und Stöhnen das Trainingsfeld verließen. Es waren unter anderem einige Knochen- und Panzerbrüche zu behandeln. Murrakh sah voller stolz seine beiden besten Schüler an. Zu Hratakh gewandt sagte er: "Du hast ein ausgezeichnetes Orientierungsgefühl. Hast du schon einmal daran gedacht, Pilot zu werden?" Doch Hratakh grinste nur: "Ich, Pilot? Nein, niemals! Da oben kann ich meinem Feind nicht in die Augen sehen, während ich ihm die Knochen breche. Ich werde zu den Bodenhorden gehen. Wenn ihr mich nicht haben wollt..." "Oh nein, mein Junge. Ich werde dich in eine meiner Horden aufnehmen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist und du es dann immer noch willst. Aber dieses Wort, 'niemals', will ich niemals wieder hören, haben wir uns verstanden?"

Hratakh war aufgeregt wie nie. Heute war der Tag der Tage! Heute würde er seine Ausbildung zum Krieger abschließen und vor die Wahl gestellt werden: Bodenhorden oder Kosmosflotte? Inzwischen hatte er viel gelernt, nicht nur das kämpfen, sondern auch das Denken. Seine Ansichten waren nicht mehr so klar umrissen wie früher. Nun überlegte er ernsthaft, wofür er sich entscheiden sollte. Er wusste, dass er bei den Bodenhorden schnell Karriere machen konnte, denn seine Fähigkeiten waren fast legendär. Doch auch das Gefühl, im All zu schweben, hatte etwas für sich. Dazu kam, dass man dort für eine gute Sache kämpfte, die die Galaxis entscheidend beeinflussen konnte. Es war eine Zeit angebrochen, in der man alte Legenden heraus kramte, von Göttern und Wahrsagungen. Ein Volk sollte zurückkehren, das sich seit Ewigkeiten versteckt hielt. G'tchanri wurden sie genannt, die Wanderer. Denn sie waren stets auf der Flucht vor dem Zorn der Gerechten, denn sie hatten nur Chaos verbreitet. Es galt nun, zu den jüngeren Rassen Kontakt aufzunehmen. Und da bestand das Problem, dass man sich zwar melden konnte, dann jedoch nicht respektiert wurde. Deshalb existierten Pläne, einen vorgetäuschten Krieg zu eröffnen, in dem die Nkira'taki ihre Macht präsentieren konnten, den sie dann aber "verlieren" würden. So konnten sie sich wohl am besten einreihen. Das war die Opfer wert. Und nun warb die Flotte um neue Piloten. Hohe Ehren waren angepriesen. Ehren, die einem Hrat sehr verlockend erscheinen mussten. Die Bodentruppen würden nicht viel zu tun haben, da der Krieg ausschließlich aus Raumschlachten bestehen sollte. Grübelnd verließ er den Trainingsraum. Draußen auf dem Platz war ein Schaukampfplatz und ein Simulator. Auf dem Schaukampfplatz würde er nachher seine Künste zeigen, gegen Brabakh, seinen Freund, kämpfen. Und dann würde er dem Simulator einen Besuch abstatten. Er wollte schon immer wissen, was es für ein Gefühl war, mit einem Jäger eins zu sein, frei durch das All zu schweben. Doch nun ging er auf den Ring zu. Auf dem Weg dorthin gesellte sich Brabakh zu ihm. Im Ring angekommen, leierten sie die alten, rituellen Formeln herunter, die jedes Duell einleiteten und stets mit dem bestätigenden Ausruf "Bakatt!" endeten. Dann erst gingen sie in Lauerstellung, die Muskeln angespannt, bereit, loszuschlagen. Als Hratakh ein Zucken in den Augen seines Freundes sah, reagierte er schnell und trat zu. Wie ihm sein Lehrer beigebracht hatte, ließ er sein Gewicht auf dem Standbein ruhen und setzte nicht alles in den Tritt. So stand er fest auf der Erde, als Brabakhs Abwehrschlag kam. Nun täuschte er einen Schlag von rechts vor und schlug links zu. Das hatte gesessen. Doch Brabakh schüttelte etwas den Kopf und machte weiter. Nun schlug er selbst zu. Die Krallen pfiffen durch die Luft, genau auf Hratakhs empfindlichen Bauch zu. Der Krieger blockierte mit dem Bein und nutzte die geduckte Haltung des Gegners, um einen kräftigen Hieb von oben auszuführen. Brabakh schlug der Länge nach hin. Die Menge jubelte. Doch Hratakh lächelte nicht. Es gefiel ihm nicht, seinen Freund in der Öffentlichkeit demütigen zu müssen. Brabakh war ein ausgezeichneter Kämpfer. Daher versuchte er, die Ehre seines aufgezwungenen Gegners zu retten, indem er ihm die Hand hin hielt. Brabakh nahm an. Dann lagen sie sich in den Armen. Murrakh blickte verärgert drein. Er hatte einen Kampf bis aufs Blut erhofft, wollte, dass alle Welt erfährt, welch gute Krieger er ausgebildet hatte. Doch die Menge war über diese Versöhnung ebenso überrascht wie erfreut. Darum lächelte auch Murrakh. Nachdem Hratakh zum Sieger erklärt worden war und völlig regungslos die Glückwünsche vieler fremder Nkira'taki entgegen genommen hatte, ging er zielstrebig auf den Simulator zu. Dort empfing ihn ein freundlicher Vertreter der Kosmosflotte. Mit Schmeichelworten erklärte er Hratakh die Vorzüge des Pilotendaseins und lobte im selben Atemzug Hratakhs Nahkampffähigkeiten. Wortlos stieg dieser in den Simulator. Er trat in die gekennzeichnete Fläche und schon war er durch unzählige Kabel mit dem "Schiff" verbunden. Das Programm startete. Hratakh war nun im All. Es war unglaublich realistisch. Er war nicht einfach in einem Schiff, er war das Schiff. Es war so schnell und wendig, so elegant und doch kraftvoll. Dann kamen einige Rot umkreiste Feinde ins Programm. Vor seinen Augen erschien in weißer Schrift: "Vernichten sie ihren gekennzeichneten Gegner!" Hratakh fragte sich, ob die Anforderungen nicht etwas zu hoch waren. Schließlich hatte er noch nie einen Jäger geflogen. Doch er konzentrierte sich nun auf seinen Gegner, der immer näher kam. Mit seinen Gedanken wich er dem Feind aus und setzte sich spielend hinter ihn. Dann feuerte er einfach. Und schon war der Feind Geschichte. Doch dann kam wieder eine Schrift: "Anfänger-Modus erfolgreich beendet. Schülermodus wird gestartet..." Nach mindestens einer Stunde verließ ein gegen die helle Sonne blinzelnder Krieger den Simulator. Er war vom Erlebten tief beeindruckt. Den Göttermodus hatte er noch nicht geschafft, war nach zwei Sekunden abgeschossen worden, doch den Realgefechts-Modus hatte er gemeistert. Seine Entscheidung stand fest: Er würde Brabakhs Karriere nicht verbauen, der immer nur zweiter sein müsste. Er würde Pilot werden und eigene Wege einschlagen. Als er dann, kurz vor Sonnenuntergang im Rahmen der großen Kriegerweihe rituell gefragt wurde, wohin ihn sein Herz zog, antwortete er im Brustton der Überzeugung: "Ich will Pilot werden!" Während die fremde, unbekannte Menge jubelte und die Brüder der Kriegerschule ihm gratulierten, verabschiedete sein Lehrer Murrakh ihn mit Tränen in den Augen. Er flüsterte: "Junge, du wärst ein großartiger Hordenführer geworden. Doch ich respektiere deine Entscheidung. Jedes Wesen muss seinen Weg selbst wählen. Möge dich dein Weg zu Ruhm und Ehre führen..."

Laut hallten die Schritte des Staffelkommandanten im Hangar wider. Er war mit einer den gesamten Körper einhüllenden biomechanischen Exorüstung bekleidet, genau wie die 10 Piloten, die in Reih und Glied vor ihm standen. Sein Name war Patollo und seine Mission bestand darin, einen Haufen unerfahrener Grünschnäbel in den Status einer einsatzbereiten Jägerstaffel im Dienste des Hohen Rates der Matriarchien Nkira'dirats zu erheben. Es war jedes Mal ein großartiges Gefühl. So musste sich ein Bildhauer fühlen, der vor einer Gruppe roher Marmorblöcke stand und im Geist schon die fertigen Bildnisse sah. Patollo ließ seinen Blick über die steinernen Mienen der Neulinge gleiten. Einige von ihnen zeigten interessante Ansätze, einem waren Bestnoten im Nahkampf und ein außergewöhnliches Lernvermögen bescheinigt worden. Sein Name war Hratakh, Sohn der La'kith. Vielleicht würde er einen guten Staffelführer abgeben, doch bis dahin würde er noch vieles lernen müssen, darunter das System, das die Piloten der Nkira'taki auszeichnete: Perfekte Zusammenarbeit. Langsam wurden die Piloten nervös. Es wurde Zeit, die Geduldsprobe zu beenden. Patollo brach das Schweigen: "Willkommen zu eurem ersten Trainingsflug. Ich bin Patollo, Sohn der Nor'dekh, euer Ausbilder. Ihr habt bereits einige Simulatorflüge hinter euch. Doch solltet ihr jetzt nicht denken, dass der Simulator eine reale Raumschlacht ersetzen kann! Bevor wir euch einem Feind entgegen schicken, werdet ihr nicht geschont. Ihr müsst als Einheit agieren. Da draußen ist ein Asteroidenfeld. Einige dieser Brocken sind mit vollautomatischen LowPower-Geschützen ausgestattet. Eure Aufgabe wird sein, die Übungsgeschütze mit Volltreffern außer Gefecht zu setzen. Ihr werdet ebenfalls mit Übungsmunition schießen. Euer Display wird euch melden, wenn ihr abgeschossen wurdet. Und nun steigt in eure Jäger! Ich werde euch per Funk Anweisungen und Tipps geben, falls das nötig wird." Prompt stürmten die jungen Krieger wie eine Horde aufgescheuchter Vögel zu ihren Jägern, jeder wollte zuerst da sein. Manche rannten sich gegenseitig um. Nur Hratakh wartete, bis sich das Gedrängel aufgelöst hatte. Patollos Stimme dröhnte durch die Halle: "HALT! Sofort angetreten!" Verwirrt machten die Piloten kehrt und schlenderten auf ihre Plätze zurück. "Etwas schneller, wenn ich bitten darf! Was habe ich gerade eben gesagt? Ihr sollt als Einheit agieren! Und diese Einheit beginnt schon vor der Schlacht! Ihr stellt euch jetzt so auf, dass der Pilot des hintersten Jägers den Jägern am nächsten steht und der des vordersten Jägers am weitesten von ihnen entfernt! LOS!" Noch verwirrter, aber um Würde bemüht, ordnete sich die Reihe. Nun sprach Patollo etwas ruhiger: "Und nun will ich, dass ihr nicht versucht, euch gegenseitig zu überholen. Jeder strebt schnell, aber rücksichtsvoll auf seinen Jäger zu. Der Pilot, der vor euch steht, ist die Richtlinie. Und jetzt noch einmal!" Jetzt klappte es endlich. Jeder wartete, wenn auch mit Ungeduld, bis er an der Reihe war. Irgendwann würde diese Prozedur so sehr in Fleisch und Blut übergehen, dass sie wesentlich schneller und automatischer ablaufen würde. Nun sprach der Ausbilder per Funk weiter: "Beim Start darf es dieses Durcheinander nicht geben! Jeder wartet auf sein Startsignal und fliegt nur dort lang, wo er auch fliegen darf."
Die Piloten bekamen ihr Signal. Draußen Versuchten sie wenigstens, sich halbwegs ordentlich zu formieren. Aber das würden sie noch trainieren müssen. Sie flogen nun auf das Asteroidenfeld zu. Hratakh genoss es, frei im All zu schweben. Mit dem wachsamen Blick eines Raubtieres beobachtete er die Asteroiden. Einige von ihnen waren die Feinde. Er blickte sich um. Die Hälfte der Staffel folgte ihm, die andere folgte einem anderen Piloten. Wütend funkte er durch: "Was soll das? Niemand hat uns befohlen, uns aufzuspalten!" Doch die Antwort war eindeutig: "Und niemand hat festgelegt, wem wir folgen sollen. Willst du dich mit mir messen?" Ohne zu zögern antwortete Hratakh: "Jederzeit. Aber jetzt besteht unsere Aufgabe darin, die feindlichen Geschütze auszuschalten." Doch der andere antwortete streitlustig: "Vergiss die Geschütze! Wir tragen es hier und jetzt aus!" Um seine Worte zu unterstreichen, schickte er ihm eine Salve Übungsmunition entgegen. Nun war Hratakh gezwungen, zu reagieren. Er wies die anderen Piloten an: "Kümmert euch um die Asteroiden! Ich will nicht, dass ihr in diese Insubordination hineingezogen werdet." Und wieder eine provozierende Antwort: "Och, hast du Angst vor deinem Lehrer? Musst du denn jede Anweisung genau befolgen, du Muttersöhnchen?" Und wieder jagten ihm LowPower-Laser entgegen, denen er mühelos auswich. Hratakh antwortete: "Es ist ein Gebot der Ehre, seinem Vorgesetzten bedingungslos zu gehorchen. Du solltest die Regeln der Ehre genauso gut kennen, wie ich." Hratakh tauchte nun nach unten ab und ließ zur Probe ein paar Laserstrahlen haarscharf am Jäger des anderen vorbeigleiten. Schon wieder folge eine schlagfertige und dieses Mal noch provozierendere Antwort: "Natürlich kenne ich diese Regeln. Sie wurden von einem Schwächling gemacht, der sie nur aufstellte, um sicherzustellen, dass man ihm nicht weh tut." Jetzt hatte er den Bogen überspannt. Hratakh brüllte: "NIEMAND beleidigt Na'tarr, den größten Philosophen aller Zeiten, das Vorbild jedes ehrenvollen Kriegers! Du wirst für deine Worte zahlen, Ehrloser!" Jetzt kam keine Antwort mehr. Die beiden umkreisten sich in atemberaubender Geschwindigkeit und versuchten, einander zu treffen. Der andere war besser, als Hratakh vermutet hatte. Immer wieder wich er seinen gut platzierten Feuerstößen aus. Doch auch Hratakh ließ sich kaum treffen. Er hatte nur noch den anderen Jäger im Auge, die restliche Welt war unwichtig geworden. Zumindest registrierte er die warnende Stimme eines anderen Piloten: "Die Asteroiden haben begonnen, zu feuern! Wir liegen unter intensivem Beschuss! Könnt ihr euren Streit nicht verschieben?" Wie aus einem Munde antworteten die Kämpfenden: "Nein!" Nun kamen die ersten Strahlen auch in das Gebiet des Duells. Beide Piloten waren nun gezwungen, gleichzeitig den Schüssen des Gegners und denen der Übungsgeschütze auszuweichen. Und nebenbei mussten sie noch zielen und den Gegner mit Feuer belegen. Der gefährliche Tanz dauerte an. Immer wieder verfehlten sie sich gegenseitig, versuchten, sich ans Heck des anderen zu heften. Dann kam Hratakh eine Idee: Er hielt geradlinig auf das Asteroidenfeld zu. Sein Gegner folgte ihm, setzte sich hinter ihn. Mit Trudelbewegungen hielt wich er den Lanzen aus Licht aus, die ihm folgten. Mit eiserner Geduld hielt er auf eines der Übungsgeschütze zu. Es drehte sich in seine Richtung und begann, zu feuern. Dann erst drehte er ab. Die Salve zischte an seinem Jäger vorbei und erfasste seinen Verfolger, der das Geschütz nicht beachtet hatte. Dieser schaffte es zwar, das Geschütz auszuschalten, trieb nun aber mit einem simulierten Triebwerksausfall im Weltraum. Dann tauchte Hratakh hinten dem Felsbrocken auf und gab ihm den Rest. Damit war die Rangfolge klar. Die Triebwerke des ausgeschalteten Jägers aktivierten sich wieder und steuerten automatisch in den Hangar zurück. Hratakh folgte ihm. Er wollte dem, der ihn herausgefordert und verloren hatte, in die Augen sehen. Hratakh stieg zuerst aus und stellte sich vor die Ausstiegsluke des anderen Jägers. Diese ging auf. Der Pilot kam langsamen Schrittes auf ihn zu, entsicherte seinen Helm und nahm ihn ab. Hratakh riss die Augen auf: Er hatte soeben gegen seinen eigenen Ausbilder gekämpft, von dem er gedacht hatte, er sei noch an Bord des Schiffes! Doch Patollo blickte keineswegs wütend, sondern grinste: "Du hast mit Bravour bestanden, Junge. Du hast Ehre, Loyalität und Verantwortungsbewusstsein für deine Staffel gezeigt. Du bist würdig, diese Staffel in Zukunft anzuführen. Geh jetzt nur in dein Quartier und ruh dich aus. Du hast es dir verdient." Doch Hratakh schüttelte den Kopf: "Wenn es jetzt meine Staffel ist, werde ich sie nicht im Stich lassen. Da draußen ist immer noch eine undefinierbare Anzahl von Geschützen, die auf meine Leute feuern." Mit diesen Worten stieg er wieder in seinen Jäger und flog dem Asteroidenfeld entgegen...

Mit einem merkwürdigen Deja-vu-Gefühl ging Patollo an den fertig ausgebildeten Piloten vorbei. Ein guter Jahrgang. Er blieb am Ende der schnurgeraden Reihe stehen und blickte Staffelführer Hratakh in die eisgrauen Augen. Dieser meldete pflichtgemäß: "Staffel GS272-03SO vollzählig angetreten und kampfbereit!" Patollo lächelte. Dies war das erste Mal, dass der offizielle Name der neuen Staffel fiel: Sie war die 3. Staffel des Großschiffes 272, eingeteilt für Spezialoperationen. In wenigen Minuten würden sie unterwegs zu ihrem neuen Einsatzgebiet sein, das sich in der Nähe der Menschen befand, nahe dem Sektor, den sie Ceta-Hoffmann-Sektor nannten. Hunderte frei treibender Asteroiden waren verbunden und in eine gut getarnte Operationsbasis verwandelt worden. Dort wartete das Low-Tech-Großschiff "Thardak", ID GS272, um sie aufzunehmen. Patollo hatte keine Ahnung, warum man ein Schiff, das zur Verschrottung freigegeben war, an die Front schickte. Wahrscheinlich wieder eine Lockvogel-Aktion, um die Menschen in Sicherheit zu wiegen, ihnen vorzutäuschen, sie hätten es mit einem unterlegenen, oder wenigstens gleichwertigen Gegner zu tun. Patollo unterbrach seinen Gedankengang und legte in einer zeremoniellen Geste seine Krallen auf den ungepanzerten Bauch Hratakhs. Dieser kniete nieder, blickte zu Boden, öffnete die Platten über seinen atmosphärischen Kiemen und präsentierte das empfindliche Organ. Patollo hob ihn auf. Die Unterwerfungs- und Würdigungszeremonie war abgeschlossen. Ohne dem Ausbilder noch einen Blick zuzuwerfen, begaben sich die Piloten in ihre Jäger. Minuten später öffnete das Großschiff "Marax" ein Sprungtor und sie waren im Hyperraum.
Die Reise war lang, es dauerte zwei Tage, bis das Ziel erreicht war. In dieser Zeit versetzten sich die Piloten in Tiefschlaf. Als es soweit war, waren sie entsprechend munter. Sie verließen den Hyperraum und flogen auf einen Haufen lose treibender Gesteinsbrocken zu. Erst, als sie ihr Zielschiff, das im Gebiet patrouillierte, schon mit bloßem Auge sehen konnten, erkannten sie auch, dass die Asteroiden stets in der selben Anordnung blieben. Und bei genauerem Hinsehen erkannten sie die dicken Metallverstrebungen und -Gänge, die ihnen als dünne Fäden erschienen. Doch sie flogen nicht zur Basis, sondern genau auf das Großschiff zu, das die eigene Geschwindigkeit konstant beibehielt und die riesige Hangarklappe erst nach eindeutiger und langwieriger Identifikation öffnete. Als sie gelandet und ausgestiegen waren, empfing sie niemand. Sie standen völlig verlassen im Hangar des Schiffes, das sie nun bis zur baldigen Verschrottung als Zuhause bezeichnen sollten. Doch Hratakh wusste, was zu tun war und machte sich auf den weiten Weg zur Brücke. Es hätte ihm nichts ausgemacht, die 4 Kilometer vom einen bis zum anderen Ende des Schiffes zu laufen, doch der Hangar war fast auf gleicher Höhe mit der Brücke. Er musste sich nur noch ungefähr 40 Stockwerke nach oben durcharbeiten. Die größte Hürde war dabei, dass aller 10 Etagen eine Identifikation verlangt wurde. Und als neues Crewmitglied bekam er einige Schwierigkeiten. Doch letztendlich war er auf Ebene 478 angekommen, nur noch 20 Ebenen von der oberen Außenhülle entfernt. Er suchte die Brücke und fand sie dann auch. Als er die Wachen vor den Tür endlich überzeugt hatte, dass er zum Captain müsse, wurde er, von knurrenden Lauten begleitet, durch gelassen. Der Captain war selbst für einen Nkira'taki groß geraten, stolze 2,38 Meter. Doch durch sein ermutigendes Lächeln sah er keineswegs so gefährlich aus, wie er groß war. Er vollzog die Zeremonie, die bei der Verabschiedung von Patollo sehr langsam abgelaufen war, mit einer flüchtigen Geste. Hratakh schloss ihn sofort ins Herz. Er wiederholte die Worte, die er vor zwei Tagen schon einmal gesagt hatte, nur in leicht veränderter Form: "Staffelführer Hratakh, Sohn der La'kith, meldet: Staffel GS272-03SO vollzählig eingetroffen und kampfbereit! Im Namen meiner Staffel schwöre ich bei den Zähnen des Na'tarr, dass ich meinem Cap'tan bedingungslos dienen werde, bis ich von ihm von dieser Pflicht befreit werde. Bakatt!" Der Captain antwortete: "Ich freue mich, dass deine Staffel den Weg auf mein Schiff gefunden hat. Ich bin Sejillo, Sohn der Nor'dekh und ein Bruder deines Ausbilders Patollo. Nun zu den offiziellen Dingen: Ich habe veranlasst, dass die neuen Piloten Quartiere in der Nähe des Hangars bekommen, damit sie schneller einsatzbereit sind. Ich gebe dir diesen Psi-Memory, auf dem die genauen Daten verzeichnet sind. Deine erste Aufgabe wird sein, deinen Piloten ein Quartier zu besorgen. Danach erwarte ich dich im Besprechungsraum. Wir planen bereits einen Einsatz, an dem ihr beteiligt sein werdet... Er traf überpünktlich vor der Tür des Besprechungsraumes ein. Captain Sejillo erwartete den jungen Staffelführer bereits. In der Mitte des Raumes schwebte eine Holoprojektion. In der Mitte war ein kleiner Konvoi aus Schiffen der Menschen zu sehen. Wahrscheinlich Handelsschiffe. Ansonsten waren noch weitere Personen anwesend, die Hratakh nicht kannte. Sejillo erhob das Wort: "Kommen wir gleich zur Sache. Hier seht ihr einen Erzkonvoi der Erdallianz, der von einer Randkolonie zur Erde unterwegs ist. Da wir auf uns aufmerksam machen müssen, werdet ihr, die Piloten, diesen Konvoi angreifen und warten, bis Verstärkung eintrifft. Ihr zeigt, was ihr könnt und verschwindet wieder. Falls sie es schaffen, euch zu verfolgen, wird die Thardak 1,5 Parsec entfernt von hier auf euch warten. Dann suchen wir alles nach Anhängseln wie Peilsendern ab und fliegen erst dann wieder hierher zurück. Bis zur Endschlacht dürfen die Menschen, nicht merken, dass wir uns hier aufhalten. Wir wollen keine Wesen unnötig töten. Vergesst nicht, dass dieser Krieg geführt wird, um einen noch viel schlimmeren zu verhindern! Wenn die Menschen entdecken würden, wie mächtig wir wirklich sind, würden sie Angst bekommen und uns als ernsthafte Bedrohung ansehen. Dann Käme es zu einer Art heiligem Krieg, bei dem noch mehr dieser Wesen sterben würden. Sie dürfen die Wahrheit erst erfahren, wenn wir mit ihnen verbündet sind. Dies sage ich nur, um euch vor übereilten Reaktionen zu bewahren und an den Zweck dieses sehr bald blutigen Krieges zu erinnern. Zurück zum Plan: Ihr greift an, wie erklärt. Die erwartete Verstärkung besteht vermutlich aus einem der neu gebauten Zerstörer der Omega-Klasse. Er heißt Dagonta. Wir konnten noch nicht herausfinden, was das bedeutet. Seine Begleitung könnte aus kleineren Zerstörern und eventuell einem Weißen Stern bestehen. Letzterer ist die einzig wirkliche Gefahr, denn in ihm ist nach unseren Erkenntnissen Technik der Vorlonii, unserer Götter, eingebaut. Hütet euch vor dem weißen Stern! Ihr werdet nur drei Jägerstaffeln sein. Damit wäre alles Wichtige besprochen. Der Ablauf ist simpel. Die notwendigen Koordinaten sind bereits auf eure Jäger übertragen worden. Nur die Koordinaten aller Basen haben wir gelöscht, Falls ihnen ein Jäger in die Hände fällt. Ihr müsst zum Schiff zurückkehren. Genau in 5 Minuten startet die Mission. Möget ihr zurückkehren. Wenn ihr nicht zurückkehrt, möget ihr einen ehrenvollen Tod haben."

Als sie gestartet waren, ordneten sich die drei Staffeln in einer Pfeilformation an. Dann flogen sie durch ein gemeinsames Sprungtor. Der Flug dauerte nicht lange. Diese Zeit nutzte Hratakh, um sich mit seinen Piloten über etwas zu unterhalten, das ihm schon lange auf der Seele brannte: "Jede Staffel sollte einen Namen haben, auch unsere. Habt ihr Ideen?" Langes Schweigen. Schließlich meldete sich sein Flügelmann: "Du bist der Staffelführer. Deshalb darfst du auch den Namen bestimmen. Wir werden ihn akzeptieren." Die anderen Piloten stimmten zu. Nun war es Hratakh, der schwieg. Schließlich sagte er: "G'hrat ectu". Sein Flügelmann pflichtete ihm bei: "Eine gute Idee! Von jetzt an sind wir die Schwarzen Ritter! Wir werden es zu Ruhm und Ehre bringen!" Die ganze Staffel jubelte. Doch dann wurden sie von ihrem Staffelführer unterbrochen: "Ruhe jetzt! Wir sind fast da. Der Konvoi, der hier durch kommt, wird bereits da sein und sich auf den nächsten Sprung vorbereiten. Wir müssen den Hyperraum mit feuernden Geschützen verlassen und die Schiffe manövrierunfähig schießen. Vergesst nicht, dass wir die Zivilisten schonen wollen. Wir müssen nur gefährlich aussehen und auf die Hilfe warten." Nun kam ein Funkspruch von der Staffel, die voraus flog: "Hier G'fey dertu Leader! Wir sind jetzt am Sprungpunkt. Meine Scanner zeigen die Zielobjekte. Sprung in den Normalraum in 3, 2, 1... jetzt!" Die flimmernden Farben wurden langsam schwarz, weiße Punkte bedeckten den Hintergrund. In relativer Nähe war eine wunderschöne Gaswolke zu sehen, die in allen möglichen blau- und Rottönen leuchtete. Direkt vor ihnen schwebten fünf Transporter der Erdallianz, nur sehr leicht bewaffnet und lächerlich schwach gepanzert. Die Staffeln feuerten aus allen Rohren und zerstörten mühelos die Antriebe, ohne die gegnerischen Reaktoren auch nur an den Rand einer Überlastung zu bringen. Nun kam ein Funkspruch in der seltsamen Sprache der Menschen herein: "Wir ergeben uns, aber bitte verschonen sie die Besatzungen! Sie können alles haben! Wir werden nicht schießen!" Hratakh taten die Menschlein leid. Und was nun? Wenn sich diese Wesen gefügig zeigten, wie sollten sie dann ihre Macht demonstrieren können? Doch der Leader der G'nukar mhirto sprach auf einem gesicherten Kanal: "Auf keinen Fall einwickeln lassen! Diese Menschen sind hinterlistig. Sie werden sicher jeden Moment einen verschlüsselten Hilferuf absenden. Wir können ja noch ein wenig nachhelfen und die Geschütze der Transporter zerstören." Und schon stürzten sich die Jäger wieder auf die wehrlosen Schiffe. Nach wenigen Minuten waren die Geschütze nur noch Klumpen geschmolzenen Metalls. Wieder ein Funkspruch: "Bitte nennen sie uns ihre Bedingungen! Wir tun alles, was sie wollen! Wir sind jetzt völlig wehrlos!" Kurz danach rauschte es ein wenig und die Verbindung wurde wieder unterbrochen. "Ich habe es doch gesagt!", kam eine Stimme aus den Lautsprechern. "Habt ihr es nicht bemerkt? Die haben zusammen mit dem letzten Funkspruch das Signal gesendet. Jetzt ist es nur noch eine Sache weniger Minuten, bis der Spruch die Galileo-Werften erreicht hat und man uns ein paar Schiffe entgegen schickt. Wir werden warten müssen. So lange bleibt nur noch eines: Wir müssen das Funksystem der Transporter zerstören. Die dürfen die Schiffe nicht warnen, damit sie nicht an eine Falle denken und umkehren." Und wieder eröffneten sie das Feuer. Wer auch immer den Hilferuf abgeschickt hatte, wusste nun, dass er entlarvt war. Das Warten war unerträglich. Doch dann wurde in 1,5 Mio. Kilometer Entfernung ein Kontakt gemeldet: Ein Zerstörer der Omega-Klasse, ganz allein. Die Begleitschiffe, vor denen man gewarnt hatte, waren nicht da. Die Menschen schienen nicht sehr vorsichtig zu sein. Aber das konnte den Nkira'taki nur recht sein. Hratakh befahl: "Drohnen jetzt aussetzen" Mehrere kleine Objekte verließen die Formation und postierten sich um den Konvoi. "Stufe eins aktivieren!" Nun würden die Scanner der Menschen nur noch einen Transporter anzeigen. Jetzt zeigten die Systeme an, dass sie in Scannerreichweite der Menschen waren. "Stufe zwei aktivieren!" Ab jetzt war der Konvoi völlig unsichtbar für gegnerische Scanner. Spätestens jetzt mussten die Menschen misstrauisch werden. "Automatischen Tarnmodus deaktivieren!" Jetzt waren die drei Staffeln für den Feind sichtbar. Endlich war eine Reaktion zu vermerken: Zuerst wurde eine Staffel gestartet, dann zwei weitere. "Angriff!" Nun teilte sich die Formation, die Staffeln waren auf sich selbst angewiesen. Sie rasten auf den Abfangschirm der feindlichen Starfuries zu und holten bereits in den ersten Sekunden einen davon vom Himmel. Nun wurden die Gegner aktiv. Die Menschen wussten durchaus, zu fliegen. Haarscharf zischte ultrahocherhitztes Helium an der Panzerung von Hratakhs Jäger vorbei. Ein Jäger der G'fey dertu hatte einen schweren Treffer zu verzeichnen. In dieser Schlacht tat sich besonders eine der drei gegnerischen Staffeln hervor. Diese Jäger hatten alle einen blauen Streifen an der Seite. Wahrscheinlich nannten die sich deshalb "Blaue Staffel" oder so. Diese Staffel hatte als einzige nach 5 Kampfminuten immer noch keine Verluste zu verzeichnen. Hratakh entdeckte, dass der feindliche Zerstörer, der seiner Signatur nach genau wie in den Prognosen von Captain Sejillo "Dagonta" hieß, Vorbereitungen zum Rückzug traf. Eine unerwartete Reaktion. Sie schienen doch wesentlich vorsichtiger zu sein, als angenommen. Warum sie die Transporter im Stich ließen, konnte er nicht verstehen. Hratakh schreckte aus seinen Gedanken hoch, als einer seiner Piloten mit flammendem Hinterteil auf den Zerstörer zu raste. Diese blaue Staffel hatte ihn abgeschossen. Der Jäger trudelte und kollidierte mit den Antrieben. Die Folge war ein Reaktorausfall der Dagonta. Der Zerstörer konnte kein Sprungtor öffnen. Die Scanner warnten vor einem Energieanstieg in einigen Bereichen: Die Geschütze wurden geladen. Er reagierte prompt: "Sofort vom Zerstörer abdrehen! Die fahren ihre Abwehrgeschütze aus!" Und schon donnerte ein Lichtgewitter zwischen ihnen. Ein Kunststück, den gut gezielten Partikellasersalven auszuweichen. Erst 15 Minuten und mehrere Abschüsse später hörte der Beschuss auf, die Jäger landeten und der Zerstörer verschwand in einem Sprungtor. Kurz, bevor er verschwand, jagte auf dem Monitor ein kleiner Punkt davon weg und war dann verschwunden. Hratakh maß diesem Punkt keine große Bedeutung zu. Ein sehr kurzer, aber heftiger Kampf war es gewesen. Die Menschen hatten sich erstaunlich heftig gewehrt. Die drei Staffeln hatten insgesamt 6 Jäger verloren. Davon fiel ein Verlust auf Hratakhs Staffel. Hratakh sprach: "Drohnen deaktivieren und zerstören! Die Zivilisten sollen ja nicht hier verhungern. Und dann geht es zurück zur Thardak." Gesagt, getan. Winzige Explosionen waren zu sehen, dann tauchte der Konvoi wieder auf. Die Staffeln traten in den Hyperraum ein. Kurz, bevor es sich wieder schloss, explodierte ein Torpedo hinter einem Eisbrocken, der nun mit hoher Geschwindigkeit auf das Tor zu steuerte. Hinter ihm verbarg sich ein Nial, in dem sich ein todesmutiger Anla'shok befand. Er verschwand, hinter dem Eisbrocken versteckt, im Sprungtor, bevor es sich endgültig schloss.

Die drei Staffeln traten am vereinbarten Punkt aus dem Hyperraum aus. Die Thardak erwartete sie bereits. Hratakh war schon etwas erstaunt, dass der Eisbrocken mit in den Hyperraum gekommen war und jetzt zusammen mit ihnen austrat. Hratakh ließ die Geschwindigkeit drosseln. Die Jäger zündeten die Bremstriebwerke. Nun sauste der Eisbrocken mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Jetzt erst entdeckten sie, was den Klumpen zur Bewegung veranlasst hatte: Dahinter tauchte jetzt ein Ein-Mann-Jäger der Minbari auf, der ebenfalls seine Geschwindigkeit reduziert hatte. Die Trägheit des Eisbrockens hatte ihn verraten. Sofort richteten sie die Geschütze von 30 Jägern auf den Nial. Doch dieser dachte nicht daran, sich zu ergeben. Er feuerte aus allen Rohren und zerstörte im Vorbeiflug zwei Jäger. Das wollte sich Hratakh nicht gefallen lassen und Befahl: "Zerstört diesen Jäger! Er hatte seine Chance." Doch bevor der Befehl ausgeführt wurde, mischte sich eine andere Stimme ein: "Hier spricht Captain Sejillo. Schießt nicht auf diesen Nial! Wir kümmern uns darum." Gesagt, getan: Blaue Strahlen sprangen vom Großschiff auf den kleinen Jäger über und hielten ihn fest. Seine Systeme wurden deaktiviert, er war jetzt wehrlos. Die abgekämpften Nkira'taki - Staffeln landeten. Als die Piloten ausstiegen, dröhnte durch die Lautsprecher des Hangars der Befehl: "Alle Piloten bereit machen zum Entern des erbeuteten Jägers! Wir brauchen den Piloten lebend!" Unwillig setzten sich die Krieger in Bewegung betraten das Entershuttle und steuerten auf den festhängenden Nial zu. Die Enterschleuse schloss dicht ab und fräste automatisch ein Loch in die Hülle. Dann stürmten die Krieger hinein, um den Piloten gefangen zu nehmen. Doch diese Aktion stellte sich als schwerer heraus, als geplant. Der erste Krieger taumelte durch die Schleuse zurück, hielt sich krampfhaft zuckend das blutende Auge und brach zusammen. Ein zweiter stürzte aus der Luke. Nun winkte Hratakh einigen untätigen Kriegern zu, ihm zu folgen. Zu fünft betraten sie den Jäger. Drinnen hockte ein Minbari mit einem ausgefahrenen Kampfstab, bereit, zuzuschlagen. Doch Hratakh ignorierte es und drückte den Ranger zusammen mit den vier anderen Kriegern einfach zu Boden. Sie entrissen ihm den Kampfstab und Hratakh betäubte ihn mit einem vorsichtigen Schlag auf den Schädel. Sie schleiften den Gefangenen nach der Landung auf der Thardak in die MediStation, wo ein interessierter Arzt darauf wartete, ihn genau zu studieren. Hratakh blieb neugierig neben dem Bett stehen, falls der Gefangene erwachen sollte. Doch der Arzt sah ihn strafend an und meinte: "Krieger, du hast ihm fast die Schädeldecke gebrochen! Er wird noch eine ganze Weile ohne Bewusstsein bleiben." Doch Hratakh entfernte sich nicht. Er setzte sich neben das Bett und beobachtete den Bewusstlosen. Dieses Wesen war noch jung, genau wie er. Es hatte eine lilafarbene Robe an, auf seiner Brust glänzte ein schöner grüner Stein mit schwarzer Umrahmung. Vorsichtig drang Hratakh in den Geist des Minbari ein. Verworrene Gedanken kreisten herum. Das Wesen träumte und versuchte gleichzeitig, zu erwachen. Doch es war zu schwach. Hratakh fragte es telepathisch: "Wer bist du?" Der Minbari antwortete in Gedanken, als würde der Fragende zu seinem Traum gehören: "Ich bin Manlir'tha, ein Anla'shok. Ich lebe und sterbe für den Entil'zha." Neugierig fragte er weiter: "Was willst du?" Zögernd antwortete dieser Manlir'tha: "Ich bin unseren Feinden gefolgt, die uns bedrohen. Ich soll herausfinden, wo ihre Basis ist, was sie vorhaben und ich soll allgemeine Informationen sammeln." Vorsichtig zog sich Hratakh aus dem Geist von Manlir'tha zurück. Also ein Spion. Die Minbari schienen mehr zu wissen, als sie wissen sollten. Hratakh hatte viel über die Rangers, die Anla'shok, gehört. Sie waren auch eine Art Ritter. Er beschloss, Cap'tan Sejillo Bericht zu erstatten. Das Ergebnis war, dass der Minbari in eine Sicherheitszelle gebracht wurde. Hratakh hatte Dienstschluss, postierte sich aber vor dem Eingang der Sicherheitszelle. Stunden später kam die Nachricht, der Minbari sei erwacht. Hratakh ließ verwundert einen Krieger durch, der den Gefangenen offensichtlich verhören sollte. Nach einer Weile ging die Tür wieder auf und der Krieger rief Hratakh zu: "Hilf mir, diesen Minbari zu verlagern. Er kommt in einen Raum, aus dem er fliehen kann." Verwundert und fragend glotzte Hratakh den anderen an. Der erläuterte: "Ein Teil des Planes. Dieser hier weiß nicht viel. Er weiß nicht, wo unsere Basis ist und er hat auch sonst nichts wichtiges herausgefunden. Er soll sich einen der Jäger nehmen können und verschwinden. Wir haben die Speicher der Jäger vorübergehend gelöscht. So werden die anderen Rassen keine geheimen Daten erfahren, aber durch den Jäger sehen, wozu die Nkira'taki fähig sind. Ich denke, das ist ein guter Plan." Hratakh gab dazu keinen Kommentar ab. Er wusste nicht viel von Politik und Diplomatie. Das war den Politikern und Diplomaten vorbehalten. Er begab sich in sein Quartier legte sich auf den Boden und schlief augenblicklich ein. Der Minbari, der bald mühelos die Türsicherung knackte, sich einen der Jäger nahm und zur den Seinen zurück flog, interessierte ihn nicht mehr.

Seit Hratakhs Ankunft auf der "Thardak" waren nun einige Monate des Krieges vergangen. Inzwischen gab es kaum noch Schiffe die verschrottet werden konnten. Die Völker der interstellaren Allianz hatten gute Arbeit geleistet und mehrere Schlachten gewonnen. Nun sollte endlich die letzte Schlacht stattfinden. Man hatte alle noch übrigen Low-Tech-Schiffe und einige normale Großschiffe zu einer Flotte zusammen gestellt und dafür gesorgt, dass die Menschen die Koordinaten der Flotte erfuhren. Sie waren bereits auf dem Weg. In großer Entfernung waren bereits sich öffnende Sprungtore zu sehen, die einige Zerstörer in den Normalraum entließen. Die Menschen brachten schweres Gerät in die Schlacht. Es wurde Zeit, zu starten. Mit einem knappen Befehl an den Computer löste er das Startsignal für die Jäger aus. Wenige Minuten später waren sie im All und erwarteten die Flotte der Allianz. Die ließ nicht lange auf sich warten. Als sich der Feind gesammelt hatte, rückte er vor. Unter den ganzen feindlichen Signaturen erkannte er auch den Namen "Dagonta". Dieses Schiff schien eine führende Rolle zu spielen. Auch die Allianz hatte ihre verschiedenen Jägertypen bereits gestartet.
Sekunden später begann die erste wirkliche Schlacht, die Hratakh je erlebt hatte. Sie war für beide Seiten völlig unübersichtlich. Hratakh schickte seine G'hrat ectu immer dorthin, wo das Gewühl am dichtesten war. Um ihn herum explodierten feindliche und eigene Jäger. Auch die Zerstörer wurden nicht verschont. Schließlich kam ein verzweifelter Funkspruch herein: "Sejillo an alle Staffeln der Thardak: Beidrehen und Mutterschiff schützen!" Prompt reagierten die 34 von 50 übrigen Jäger und steuerten auf die Thardak zu. Mehrere Zerstörer der Omega-Klasse hatten das Großschiff unter Beschuss genommen. Die Omegas ihrerseits standen jedoch unter dem Beschuss des mächtigen Großschiffes, das trotz der geringen Ausstattung einiges an Feuerkraft zu bieten hatte. Der erste Omega wurde am Drehgelenk getroffen und brach schlicht und einfach auseinander. Als die Staffeln eintrafen und den feindlichen Zerstörern zusetzten, besserte sich die Situation. Doch dann trat ein weiterer Omega hinzu. Seine Signatur kennzeichnete ihn als "Dagonta". Eine frische Welle von Starfuries kam ihnen entgegen. Wieder diese Jäger mit dem blauen Streifen an der Seite. Hratakh konnte die Funksprüche der Gegner empfangen: "Unbehaun an Blaue Staffel: Abfangformation!" Hratakh reagierte schnell, indem er die eigene Formation ausweiten ließ. Doch diese blaue Staffel war furchtbar wendig. Wieder explodierte ein Jäger seiner eigenen Staffel. Auf dem Display sah er ein Scoutschiff, das auf eines der moderneren Großschiffe zu steuerte. Er fragte sich, wo der Scout her kam. Erschreckend war dagegen das Bild, das sich etwas weiter abseits bot: Eine kleine Wolke von Jägern jagte auf eines der Low-Tech-Großschiffe zu und griff es an! Das erschreckende dabei war, dass diese Jäger von einem Nkira'taki-Jäger angeführt wurden. Der Signatur nach war es der gestohlene, den dieser Manlir'tha damals entwendet hatte. Und der schaffte es tatsächlich, das Großschiff mit einer ausgeklügelten Ablenkungstaktik zu vernichten. Hratakh musste sich wieder konzentrieren. Diese blaue Staffel hatte die G'hrat ectu auf die Hälfte reduziert, während sie nur drei Jäger verloren hatten. Eine wahre Elitestaffel. Und dann musste Hratakh hilflos zusehen, wie die Dagonta durch ein Sprungtor verschwand, direkt hinter der Thardak wieder auftauchte und sein Mutterschiff vernichtete. Sejillo, die ganzen persönlichen Dinge in seinem Quartier... alles zerstört. Hratakh hatte versagt. Zu allem Überfluss kam dann auch noch das Scoutschiff aus dem Großschiff heraus, welches in einer Feuerwolke verging. Mit freudig erregter Stimme meldete sich ein "Lieutenant Commander Höltig".
Als sich dann noch mehrere Sprungtore öffneten, aus denen Schiffe der Erdallianz kamen, flüsterte Hratakh mit erstickter Stimme: "Es ist vorbei. Wir haben verloren. Wir ziehen uns zur Basis zurück." Im Hyperraum überprüfte er, wer noch übrig war. "Naretik?" - "Hier!" - "Bearoc?" - Keine Antwort. "Giqqo?" - "Hier. Und du musst nicht weiter fragen. Wir sind die letzten drei unserer Staffel." Eine Träne lief über Hratakhs gepanzerte Wange. Er hatte die Verantwortung gehabt. Für alle. Sieben gute Piloten waren für diesen sinnlosen Krieg gefallen. Ein Krieg, der von Anfang an darauf abzielte, verloren zu werden. Als sie angekommen waren und aus dem Hyperraum traten, begegnete ihnen ein trostloses Bild: Schiffwracks trieben auch hier. Ein Weißer Stern feuerte auf alles, was nach Technik aussah. Er setzte vier Nials ab, die Kurs auf die besiegten Krieger nahmen. Ja, sie sollten ihn nur gefangen nehmen. Doch sie nahmen ihn nicht gefangen, sondern eröffneten das Feuer! Mit letzter Kraft und lustlos wichen sie den Schüssen aus, feuerten aber nicht zurück. Hratakh sprach verzweifelt: "Nicht schießen! Wir ergeben uns!" Doch es war zwecklos. Weder die Menschen noch die Minbari, gegen die sie jetzt kämpften, verstanden die Sprache der Nkira'taki. Giqqos Jäger verglühte ebenfalls, begleitet von dem Funkspruch: "Wicasa an alle: Ich hab einen erwischt!" Mit Mühe konnten Hratakh und Naretik sich in das Asteroidenfeld retten, das einmal die Basis gewesen war. Erst nach langer Suche landeten die Nials und der Weiße Stern, der sich White Star One nannte, verschwand im Hyperraum. Verzweifelt fragte Hratakh: "Naretik, kannst du mir sagen, wieso ausgerechnet wir noch leben und die anderen alle tot sind? Ist das gerecht?" Dieser antwortete: "Weil wir die besten waren, Hratakh. Nur sie stärksten überleben. Das haben uns die Zadoom gelehrt. Wir sind die stärksten und haben überlebt. Wir sollten stolz sein... oh, während ich geredet habe, ist dieser Asteroid verdammt nahe gek..." Statisches Rauschen. Dann absolute Stille. Wortlos deaktivierte Hratakh das Kommsystem und begann, hemmungslos zu weinen. Wie ein Baby, das er nie war. Er hatte immer nur gelacht, alles bekommen, was er wollte und nie etwas hergeben müssen. Nun hatte er alles verloren, was er je besessen hatte. Bis auf seine Ehre.

Der Navigationscomputer schlug den Planeten Zhanton Prime vor. Dort existierten zwar keine intelligenten Lebensformen, aber er genügte, um sich auszuruhen, die Essensvorräte aufzufrischen... Einfach zu entspannen und die letzten Ereignisse zu vergessen. Der Weg war nicht weit. Nach drei Stunden im Hyperraum war Hratakh bereits da. Sofort fielen ihm die Transporter und leichten Kriegsschiffe auf, die sich im Orbit um den eigentlich völlig uninteressanten Planeten befanden. Er witterte eine Falle. Doch als er sah, dass sogar Schiffe der Nkira'taki in diesem Gewirr aller nur erdenkbaren Raumschiffklassen zu entdecken waren, fielen seine Zweifel wieder. Ein Funkspruch empfing ihn: "Bitte identifizieren sie sich!" Kurz und knapp. Hratakh antwortete mit fast weinerlicher Stimme: "Hier ist Hratakh, Sohn der La'kith, Anführer einer komplett vernichteten Staffel, Besatzungsmitglied eines zerstörten Schiffes, Verlierer einer ruhmreichen Schlacht." Die Stimme veränderte den Tonfall und klang plötzlich freundlicher. Ein Nkira'taki auf der Flucht? Dann bist du hier willkommen, Freund. Wir geben jedem Telepathen ein Heim, der Schutz bei uns sucht. Willkommen bei der Interstellaren Allianz freier Telepathen. Lande bei den Koordinaten, die wir dir schicken. Möge die Freiheit mit dir sein." Das hatte Hratakh nicht erwartet. War es möglich, dass es Wesen gab, die derart gastfreundlich waren? Und wieso hatte er noch nie etwas von dieser Vereinigung gehört? Hatte er in der Kriegerschule nicht gut genug aufgepasst, als Xenogesellschaftslehre behandelt wurde? Langsam ließ er den Jäger zur Oberfläche des grünen Planeten nieder gleiten. Ein wahres Paradies, völlig unberührt von den zerstörerischen Spuren jeglicher Zivilisation. Der Jäger setzte auf einer scheinbar frisch geteerten Landefläche auf. Das Sonnenlicht spiegelte sich in der tiefschwarzen Oberfläche. Langsamer als gewöhnlich trennte Hratakh die Verbindung zwischen sich und seinem Jäger. Dann trat er ins grelle Tageslicht. Er blinzelte gegen die Sonne, die ihm ins Gesicht schien. Einige Personen kamen auf ihn zu. Erst, als sie nah genug waren, konnte er ihre Gesichter erkennen. Es waren hauptsächlich Menschen. Doch auch ein Minbari und zwei Centauri waren dabei. Sie strahlten Frieden und Ruhe aus. Einer der Menschen trat nun vor und reichte ihm die Hand. Diese Geste hatte Hratakh bei der Ausbildung kennen gelernt. Er ergriff die empfindliche Menschenhand, umfasste sie vorsichtig und ließ sie wieder los. Sicher wirkte es sehr ungeschickt, doch der Mensch lächelte freundlich. Dann stellte er sich vor: "Ich bin Byron Alexander. Das ist eine Art Titel. Ich trage ihn zum Andenken an zwei Telepathen, die unser leuchtendes Vorbild sind. Ich bin der provisorische Anführer unserer Vereinigung." Hratakh hatte den Namen zwar schon per Funk gehört, aber er fragte noch einmal nach: "Welche Vereinigung?" Mit diesem freundlichen Lächeln antwortete Byron: "Wir haben uns diesen unbewohnten Planeten gewählt, um den fliehenden Telepathen ein Zuhause zu bieten. Hier können sie das sein, was sie sind, ohne ihre Kräfte verstecken zu müssen." Hratakh war verwundert: "Dürft ihr das denn nicht? Mein Volk besteht nur aus Telepathen und wir nutzen diese Fähigkeit wie jede andere auch." Der Mensch antwortete: "Ich habe davon gehört. Doch die menschlichen Telepathen haben diese Freiheit nicht. Die Nichttelepathen haben Angst vor uns. Und ich fürchte, sie werden uns auch hier nicht unseren Frieden lassen." Hratakh dachte nach. Er erinnerte sich an Na'tarrs Prinzipien der Ehre. Diese Wesen wurden unterdrückt, obwohl sie nichts Unehrenhaftes taten. Deshalb waren die, die gegen sie vorgingen, die Ehrlosen. Es war also Hratakhs Pflicht, diese Telepathen zu beschützen. Kurzentschlossen sagte er deshalb: "Dann lasst mich für euch kämpfen. Ich habe einen Jäger. Gebt mir eine Staffel und ich werde der Schrecken eurer Feinde." Mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Belustigung antwortete Byron: "Es freut mich, dass du dich unserer Sache anschließt. Viele deiner Art haben den selben Weg gewählt. Doch eine Staffel können wir dir erst geben, wenn du dich bewährt hast. Ich hoffe, du verstehst das." Hratakh verstand es. Und er nahm sich vor, diese Vereinigung zu beeindrucken. Er wollte nicht nur sein kriegerisches Talent zeigen, sondern auch sein technisches. Als die Gruppe wieder gegangen war, hielt Hratakh einen Zettel in der Hand, der ihn berechtigte, eines der Quartiere in Anspruch zu nehmen. Er ging also zum Gebäudekomplex und wandte sich an einen Menschen, der hinter einem Tisch saß und einen Aktenstapel bearbeitete. Als Hratakh den Zettel auf den Tisch legte, blickte der Mensch kurz darauf, zeigte stumm zum rechten Flügel des Gebäudekomplexes und gab ihm einen neuen Zettel mit einer Nummer darauf. Nach einer halben Stunde betrat Hratakh endlich sein neues Quartier. Es war wirklich schön, mit einem Blick auf den Wald draußen. Er war es nicht gewohnt, derartig viel Leben auf einem Planeten zu sehen. Auf Nkira'dirat gab es nur zwei schmale Streifen in den gemäßigten Zonen des Planeten, die mit dichtem tödlichem Dschungel bewachsen waren. Die größten Flächen waren entweder das ganze Jahr gefroren oder glühten in der erbarmungslosen Sonne. Hier war alles grün. Es schien Wasser in Hülle und Fülle zu geben. Ein wahres Paradies. Doch er hatte sich ja vorgenommen, die anderen Telepathen von seinen Fähigkeiten zu überzeugen. Also setzte er sich ans Terminal und rief alle erhältlichen Daten über Hyperraumtechnik ab. Er hatte eine Idee, die sein Leben später auf unerwartete Weise völlig umkrempeln würde...

Geduldig sah Hratakh zu, wie sich der umgebaute Sprungtorkonverter mit negativer Energie auflud. Er hatte lange gebraucht, um diesen Anomaliengenerator zu entwerfen. Aber die IVT benötigte jede Hilfe, die sie bekommen konnte. Man hatte zwar einige Kriegsschiffe auftreiben können, aber das genügte lange nicht gegen die Übermacht der Interstellaren Allianz. Er hatte von Selbstmordattentaten gehört, die fast alle fehlgeschlagen waren. Dann war jemand auf die Idee gekommen, mit einer Reaktorüberlastung eine Übermacht an Schiffen vorzutäuschen. Die Scanner zeigten bei den manipulierten Schiffen tatsächlich Kriegsschiffe enormer Größe. Das Problem war, dass diese Schiffe nach kurzer Zeit explodierten. Sie konnten also nur als überdimensionale Fusionsbomben verwendet werden. Hratakhs Plan war effizienter: Indem er permanente Sprungtore mit negativer Energie erzeugte, wurde der Hyperraum um ein bestimmtes Gebiet unpassierbar. Und der nützlichste Effekt dabei: Wenn man die Sprungtore richtig postierte, konnte man dafür sorgen, dass ein Schuss, der auf ein Sprungtor abgefeuert wurde, zu einem anderen Sprungtor wieder heraus kam. Mit einem ordentlichen Plan war es so möglich, ein ganzes Netz aus Anomalien zu erstellen. Das Einsatzziel der neuen Waffe war Babylon 5, nach Minbar das Zentrum des Universums. Wenn man es schaffte, diese Raumstation von der Außenwelt abzuschneiden, konnte die IVT ein Zeichen setzen. Für seine Erfindung hatte man Hratakh sogar eine eigene Staffel zugeteilt. Ein Staffel voller Anfänger, die noch nie einen Jäger von innen gesehen hatten. Und die sollten jetzt das Generatorschiff eskortieren, das soeben einen kleinen Testlauf startete. Der Konverter war inzwischen aufgeladen und vor dem Schiff bildete sich ein kleines, blaues Sprungtor, das dort auch blieb. Nun wurde direkt gegenüber eine zweite Anomalie erzeugt. Als einer der Jägerpiloten auf Befehl in eine der Anomalien feuerte, drang das Plasma hinein und kam auf der Gegenseite ohne Zeitverzögerung wieder heraus. Perfekt. Ein Funkspruch erreichte die Staffel: "Alle Jäger landen! Wir springen in 5 Minuten." Es war also besiegelte Sache. Man wollte tatsächlich Babylon 5 mit Anomalien einkreisen. Im Grunde eine Selbstmordmission, denn die Station war jeder gewöhnlichen Flotte an Feuerkraft überlegen. Man konnte nur auf die Bürokratie der Kommandeure zählen. Die Pflicht schrieb vor, erst eine Identifikation zu verlangen und auch dann noch würde man wahrscheinlich erst Stapel von Handbüchern wälzen.
Die Staffel war gelandet und das Schiff sprang in den Hyperraum. Auf dem Weg nach Babylon 5 passierte rein gar nichts. Deshalb versank Hratakh in Trance, um seine Kräfte zu sammeln, falls die Raumstation doch beginnen sollte, zu feuern.
Als sie in der Nähe von Babylon 5 austraten, kamen vorerst keine Reaktionen. Es war normal, dass täglich zahllose Schiffe eintrafen. Doch dann nahm das Generatorschiff seine Arbeit auf und erzeugte die ersten Anomalien. Darauf traf die Nachricht ein: "Unbekanntes Schiff, bitte identifizieren sie sich und stellen sie ihre Aktivitäten ein." Doch der Captain war redegewandt: "Wir befinden uns auf einer streng geheimen Forschungsmission und untersuchen Hyperraumanomalien, die in letzter Zeit verstärkt auftauchen. Wir können jetzt nicht abbrechen." Doch der diensthabende Offizier auf Babylon 5 ließ sich auch nicht aus der ruhe bringen: "Uns liegen keine derartigen Meldungen vor. Kommen sie an Bord und weisen sie ihre Aufenthaltsgenehmigung vor." Eine Konversation entbrannte, die viel Zeit verschaffte. "Natürlich liegt ihnen keine Meldung vor, denn wir operieren streng geheim und auf direkte Anweisung von Präsident Sheridan. Damit hatte sich der Captain selbst eine Falle gestellt, denn der Offizier meinte trocken: "Moment, ich frage nach." Jetzt geriet der Captain unter Zeitdruck. "An alle Jäger: Starten und Schildpositionen einnehmen. Beschützen sie das Schiff um jeden Preis!" Hratakh gab das Signal und die Piloten steuerten in den freien Raum. Inzwischen war das geplante Anomalienetz fast fertig gestellt. Ein letzter Funkspruch von der Station: "Sie sind ohne Berechtigung hier. Verschwinden sie und nehmen sie ihre Anomalien mit, oder wir eröffnen das Feuer." Nein, nicht jetzt. Sie waren fast fertig. Nach 5 Gnadenminuten begannen die Geschütze der Station, zu feuern. Sie feuerten zuerst auf die Anomalien, was großes Chaos verursachte. Die Strahlen kamen zurück und prasselten auf die Hülle der Station. Doch manche Strahlen trafen auch das Generatorschiff. Mit letzter Mühe konnte die letzte Anomalie erzeugt werden, dann schlug ein Torpedo an einer Schwachstelle ein und der Konverter fiel aus. Der Captain verkündete hektisch: "Rückzug!" Doch niemand hatte die Rechnung mit den Anfängerpiloten gemacht. Als einer von ihnen schrie: "Die Anomalien feuern auf uns! Los, denen zeigen wir's!", war es vorbei. Wie Lemminge stürzten sie sich auf die blauen Trichter und feuerten sich so gegenseitig ab. Hratakh flog hinter ihnen her und fuhr sie an: "Sofort Feuer einstellen und landen! Das ist ein direkter Befehl!" Doch es war zu spät. Die Kanoniere der Station hatten inzwischen den Effekt der Anomalien entdeckt und feuerten nun auf die Flotte. Von schweren Einschlägen geschüttelt, versuchte der Captain des Generatorschiffes, sich in Sicherheit zu bringen. Doch dann wurde es von einer gewaltigen Explosion zerrissen. Eine Welle von Partikellasern durchfurchte den Raum und leckte nach den verbliebenen Jägern. Nur durch geschickte Manöver konnte Hratakh das vermeiden, was den anderen passierte. Seine Staffel wurde komplett vernichtet. Als Hratakh fliehen wollte, erwischten ihn die Laser am Heck und setzten seine Triebwerke außer Kraft. Die Energie fiel komplett aus. Hratakh saß im Dunkeln und wartete darauf, zu ersticken oder zu erfrieren. Schwere Gedanken plagten ihn: Zum zweiten Mal hatte er eine Staffel verloren. Nur dieses mal war es wirklich nicht seine Schuld. Man hätte keine blutigen Anfänger in die Schlacht schicken sollen. Nun hatte Hratakh wieder einmal alles verloren. Und nicht einmal sein Jäger war noch zu retten. Der Jäger, der ihn seit Beginn seiner Laufbahn begleitete - ein Wrack. Betrübt meditierte Hratakh vor sich hin und wartete auf den Tod. So saß er mehrere Stunden, vielleicht sogar Tage. Die Atmung auf ein Minimum reduziert, so wie es seine Vorfahren schon seit Tausenden von Jahren taten, wenn sie in den Polarregionen von Nkira'dirat schlafen wollten. Draußen kam eine Flotte an. Sie konnte nicht direkt bei Babylon 5 aus dem Hyperraum austreten, weil die Anomalien den Weg versperrten. Also traten sie in großer Entfernung aus dem Hyperraum und steuerten dann auf die Station zu. Einige Schiffe dockten an, ein Weißer Stern untersuchte das Trümmerfeld vor Babylon 5. plötzlich erwachte Hratakh. Er konnte nicht nach draußen sehen, denn die Sensoren waren ausgefallen, aber er hatte plötzlich einen starken Telepathen gespürt, der seinen Geist berührt hatte. Rettung? Er konzentrierte sich auf die fremde Präsenz und bat um Hilfe. Lange Zeit bekam er keine Antwort, doch dann fand er den Telepathen wieder. Dieser zeigte Entschlossenheit und Neugierde. Hatte man ihn tatsächlich entdeckt? Ein metallisches Geräusch verkündete, dass jemand an seinen Jäger angedockt hatte. Die Gedanken rasten in Hratakhs Kopf: Nun würde ein neues Leben beginnen. Er würde seinem Retter, sei es auch ein Feind, verpflichtet sein, um die Lebensschuld abzugleichen. Das verlangte die Ehre. Doch wer würde das sein? Ein grausamer Tyrann, der ihn vielleicht verstoßen würde? Das wäre Hratakhs Ende. Doch als er Sah, wer da durch die Luke gekrochen kam, setzte sein Herz für einen Schlag aus: Manlir'tha, der Minbari, dem er bereits zweimal in seinem Leben begegnet war. Zuerst war Hratakh der Überlegene, der das Leben des Minbari in seiner Hand hatte, dann waren sie gleichwertige Krieger und jetzt war es Manlir'tha, der Hratakhs Leben in der Hand hielt. Doch der Minbari erkannte ihn nicht. Er stand zögernd dort, wo er den Jäger betreten hatte und wusste nicht, was er tun sollte. Hratakh nahm ihm die Entscheidung ab: Er sprang ihm mit einem gewaltigen Satz entgegen, riss ihn um und sagte nur: "Danke!"

Manlir'tha nahm Hratakh auf. Der Nkira'taki war ihm letztendlich die größte Hilfe, die er überhaupt bekommen konnte. Hratakh wurde Pilot und stieg erneut bis zum Staffelführer auf.


FORTSETZUNG FOLGT ...


Stefan Reichelt
15.07.2002

 
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