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Rhiannons Geschichte:
5. Kapitel

(von Jennifer Fausek)

Da Rhiannon mit der Wiedergeburtszeremonie ganz offiziell eine Dra'mira geworden war, veränderte sich ihr Leben ein wenig. Sie wurde jetzt nicht mehr nur im Tempel unterrichtet, sondern musste auch Satai Delenn zu diversen Verhandlungen und Meetings begleiten, wenn sie das wünschte.
Ria durfte sogar mit auf das Schiff, auf dem der Graue Rat tagte. Es war nämlich so, dass sich der Rat immer auf einem Raumschiff traf, wenn es etwas zu besprechen gab. Der riesige Kreuzer umkreiste Minbar ständig. Die meisten Satais blieben sogar fast die ganze Zeit über an Bord, wovon Delenn allerdings gar nichts hielt.
Natürlich durfte Rhiannon bei den Debatten des Grauen Rates nicht zuhören, aber als Delenns Assistentin musste sie Botengänge machen oder sonstige Kleinigkeiten erledigen, die die Satai ihr befahl.
So lernte Ria Delenn auch noch von einer ganz anderen Seite kennen, nämlich als harte abgebrühte Politikerin, die sehr genau wusste, wie sie die Dinge bekam, die sie haben wollte und die bei Verhandlungen eiskalt jeden Vorteil ausnutzte, der sich ihr bot.
Manchmal machte jene Seite an Delenn ihr etwas Angst. Doch dann machte sie sich klar, dass Delenn ihre Macht klug und umsichtig nutzte und sie nicht als Mittel zum Zweck missbrauchte.
Rhiannon war aber so oder so nicht gerne auf dem Ratsschiff. Die Atmosphäre dort hatte für sie etwas Unheimliches an sich, und das nicht nur wegen ihres allerersten Erlebnisses mit dem Grauen Rat. Bis auf Delenn waren die Mitglieder des Rates für Ria wie Phantome - ungreifbar und unauffindbar - die das Geschehen von hinter den Kulissen aus beeinflussten.
Außerdem langweilte sich Rhiannon auf dem Ratsschiff sehr oft, weil es dort selbst für sie nicht gerade viel zu tun gab, und die meisten Crewmitglieder redeten kaum mit ihr, genauso wenig wie die Leute, die für die Satais arbeiteten.
Deshalb war Ria froh, dass Delenn gleich nach jeder Sitzung, spätestens aber am nächsten Morgen nach Minbar zurückflog. Die Satai vertrat nämlich folgenden Standpunkt: Ein Oberhaupt konnte nur dann richtige Entscheidungen fällen, wenn es wusste, was die Leute, die es regierte, sich wünschten und am dringendsten brauchten.
Weitaus mehr Gefallen als an ihrer Rolle als Delenns Assistentin hatte Rhiannon inzwischen am Unterricht im Tempel gefunden. Es gab so viel, das sie noch zu lernen hatte. Abgesehen von den Lektionen in minbarischer Sprache, Schrift und Grundwissen über die Kultur wurde Ria genau wie die minbarischen Kinder in ihrem Alter unterrichtet.
Die Lektionen bestanden aus Naturwissenschaften, Mathematik, Literatur, Philosophie, Sprachen und natürlich aus dem Kampftraining. Zudem wurde Rhiannon der Umgang mit diversen Fluggeräten, Bodenfahrzeugen und Computern beigebracht. Ria mochte diesen praktischen Unterricht am meisten. Vor allem am Fliegen hatte sie sehr viel Spaß.
Rhiannon hatte inzwischen schon einiges über die Kultur der Minbari gelernt. Zu Anfang hatte sie sich noch ernsthafte Sorgen wegen des Kastensystems gemacht. Aber jetzt wusste sie, dass zwar alle Minbari in eine Kaste hinein geboren wurden, sie aber das Recht hatten, in eine andere Kaste überzutreten, wenn sie sich dazu berufen fühlten.
Es kostete Ria besonders viel Mühe, die minbarischen Rituale und Zeremonien und die dazugehörende Philosophie zu erlernen. Die Minbari schienen für fast alles irgendeine Art von Ritual zu haben, und Rhiannon war deswegen froh, dass sie nicht ständig darauf achten musste die Form zu wahren, sondern meistens nur zu besonderen Gelegenheiten. Aber die Rituale waren ein fester Bestandteil der minbarischen Kultur, und die Minbari nahmen sich viel Zeit für sie.
Nun, eigentlich nahmen sich die Minbari viel Zeit für alles. Ob sie nun meditierten oder in den Krieg zogen, Dinge dauerten eben so lange sie dauerten. Das bedeutete aber nicht, dass sie nicht mit der gebotenen Eile handelten, wenn die Situation es erforderte. Doch sie überstürzten nie etwas.
Für alles, was es zu tun galt, gab es einen richtigen Zeitpunkt, und die Minbari schienen die Geduld aufbringen zu können, um auf ihn zu warten, egal, wie lange es auch dauern mochte.
Rhiannon verwirrte die Art und Weise, in der Minbari Zeit sahen, und es machte sie manchmal fast verrückt. Sie verabscheute es ruhig zu bleiben und abzuwarten, vor allem wenn sie wusste, dass sie die Dinge beschleunigen konnte, es ihr aber nicht erlaubt wurde, das zu tun.
Deshalb fiel Rhiannon das tägliche Meditieren im Tempel von allen Dingen, die sie zu lernen hatte, am schwersten. Es war nämlich so, dass Minbari unerschütterlich an den tiefgründigen Nutzen täglicher Meditation glaubten. Ria hingegen hatte noch nie zuvor meditiert, im Dojo hatten sie sich immer nur für ein, zwei Minuten hingesetzt, um sich wieder zu sammeln, es war Nebensache gewesen. Rhiannon fragte sich, welchen Nutzen Meditation für sie hatte, denn sie sah absolut keinen Sinn darin. Ihr taten hinterher nur immer die Beine von der unbequemen Position weh.
Rias innere Unruhe störte die anderen Schülerinnen und Schüler in ihrer Konzentration. Einige Tage lang sah Tennan sich das mit an, doch schließlich wurde es ihm zuviel.
"Riann, bitte komm zu mir", sagte der alte Priester.
Widerstrebend gehorchte sie und verneigte sich ehrerbietig vor dem Lehrer. Die anderen Jungen und Mädchen kicherten leise, sehr zu Rias Verdruss.
"Du scheinst nicht gerne zu meditieren", fuhr Tennan überraschend sanft fort.
Rhiannon nahm all ihren Mut zusammen. "Nein, Meister, mir tun danach nur immer die Beine weh" erwiderte sie gerade heraus. "Und mir ist nicht klar, wozu Meditation gut sein soll. Ich halte es für reine Zeitverschwendung."
"So." Der Priester hob die Augenbrauen. "Wenn dir die Beine weh tun, liegt es daran, dass du es nicht gewohnt bist. Die Meditation soll dir dabei helfen, dich zu konzentrieren, und durch sie lernst du, dich an allen Dingen des Leben zu freuen."
Ria wirkte nicht sehr überzeugt. "Ich bin immer konzentriert, und ich kann mich auch am Leben freuen. Ich glaube, statt meine Zeit mit meditieren zu vergeuden, sollte ich mich lieber meinen Studien oder dem Training widmen."
"Wenn du so von dir überzeugt bist... Los, nimm dein Denn´bok", befahl Tennan. "Wir brauchen auch eine Augenbinde."
"Eine Augenbinde?" fragte Rhiannon.
Der alte Priester nickte. "Wir wollen einmal sehen, wie gut du kämpfst, wenn du nichts siehst."
"Moment mal, wie soll ich denn kämpfen, wenn ich nicht sehen kann?" wollte Rhiannon wissen, während sie ihren Kampfstab zur Hand nahm.
"Das ist dein Problem", entgegnete Tennan. Auch er aktivierte sein Denn´bok.
Ein Junge verband Ria die Augen, so dass sie absolut blind war. Dann trat der junge Minbari rasch beiseite.
Ria verneigte sich. "Ich bin bereit."
"Du hast den ersten Schlag", hörte sie Tennans Stimme.
Rhiannon holte aus - und traf mit voller Wucht ins Leere. Kaum eine Sekunde später spürte sie einen kräftigen Schlag gegen ihren Rücken, hart genug um sie zu Fall zu bringen, aber nicht so fest, dass Verletzungsgefahr bestand. Ria fiel mit einem Aufschrei der Länge nach auf den Bauch, und der Kampfstab rutschte ihr aus der Hand. Sie drehte sich schnell herum, da berührte Tennan sie auch schon mit seinem Denn´bok an der Brust.
Wütend riss sich Rhiannon die Binde von den Augen. "Das ist nicht fair. Ich hatte überhaupt keine Chance."
"Das ist mir klar", entgegnete Tennan gelassen. Er wich ein wenig zurück, damit sie aufstehen konnte. "Du warst nicht konzentriert."
"Das war ich sehr wohl", widersprach sie, und hob ihr Denn´bok auf.
"Nun, davon habe ich nichts gemerkt." Der alte Priester sah sie durchdringend an, so dass sie den Blick senkte. "Du hast einfach drauflos geschlagen, ohne nachzudenken." Er nahm das Tuch. "Versuchen wir es noch einmal, aber diesmal werde ich die Binde tragen."
Ohne zu zögern verband sich Tennan die Augen, und erneut traten sich er und Rhiannon gegenüber. Ria fühlte sich zunehmend unbehaglich, als sie einander umkreisten.
"Bei allem Respekt, Meister", sagte sie vorsichtig. "Aber so habe ich doch einen unfairen Vorteil Ihnen gegenüber."
Der Priester lächelte. "So, glaubst du?"
Schon holte er ohne weitere Vorwarnung zum ersten Schlag aus, der Rhiannon beinahe das Denn´bok aus der Hand geschleudert hätte. Sie versuchte auszuweichen, aber irgendwie wusste Tennan immer genau, wo sie gerade war. Mit aller Kraft versuchte Ria, sich zu verteidigen, aber der Lehrer trieb sie Schritt für Schritt zur Wand des Raumes zurück, gab ihr keine Möglichkeit, den Schlägen auszuweichen oder über eine wirkungsvolle Strategie nachzudenken. In einer einzigen fließenden Bewegung entwaffnete er sie und berührte sie mit seinem Kampfstab an der Kehle.
Der alte Priester nahm das weiße Tuch ab, ließ sein Denn´bok aber wo es war. "Wenn du mir gegenüber im Vorteil warst, wie kommt es dann, dass ich dich trotzdem besiegt habe!? Antworte!"
Rhiannon blickte beschämt zu Boden. "Ich... ich weiß es nicht."
"Du weißt es nicht?!" Tennan steckte den Kampfstab weg. "Nun, dafür kann ich es dir sagen. Weil du dich von zu vielen Dingen ablenken lässt, von Umständen oder anderen Äußerlichkeiten. Du nimmst zwar alles wahr, aber du denkst nicht darüber nach, was es bedeutet. Deshalb bist du unkonzentriert." Er ging um sie herum. "Seit du hier bist, hast du schon große Fortschritte gemacht. Ich bin sicher, du könntest eine der besten in meiner Klasse sein, aber dazu musst du erst einmal deine Balance finden, die Konzentration und die Freude am Leben kommen dann automatisch. Und wie ich schon sagte: Meditation soll dir dabei helfen. Du musst nur die Geduld aufbringen, es richtig zu lernen"
"In Ordnung, ich werde mich bemühen", murmelte Ria.
Der Priester nickte. "Das freut mich zu hören.. Geh, setze dich wieder zu den anderen Kindern."
"Ja, Meister." Rhiannon verneigte sich, nahm ihr Denn´bok und kehrte an ihren Platz zurück. Sie brauchte sich erst gar nicht umzusehen um zu wissen, dass die Blicke der anderen Jungen und Mädchen auf ihr ruhten.
Tennan brachte die Klasse schnell wieder zur Ruhe, und der Unterricht wurde fortgesetzt. Ria nützte den Rest der Meditationsstunde, um über das nachzudenken, was ihr Lehrer gesagt hatte.
Er hatte eigentlich gar nicht so unrecht, das musste sie zugeben. Es war noch immer so viel Wut und auch Angst in ihr. Dabei wusste Rhiannon gar nicht mehr so genau, worauf sie eigentlich so wütend war. Vielleicht auf das Universum? Das Schicksal? Es war ziemlich dumm auf etwas wütend zu sein, das sich ja doch nicht mehr ändern ließ.
Ähnlich verhielt es sich mit der Angst. Ria konnte nicht sagen, wovor sie sich genau fürchtete. Das würde sie wohl erst erfahren, wenn sie direkt mit ihren Ängsten konfrontiert wurde.
Rhiannon war so in Gedanken versunken, dass sie beinahe überhört hätte, wie Tennan schließlich das Ende der Lektion bekanntgab.
Vorsichtig stand Ria auf und versuchte, nicht zu seufzen. Die Beine taten ihr wie immer weh, wenn auch nicht so stark wie sonst. Sie sah zu Tennan hinüber. Der alte Priester lächelte zufrieden.

"Es ist wohl nicht genug, dass Satai Delenn diesen Menschen behandelt als wäre sie eine Minbari!" knurrte Alyt Neroon vom Sternfahrerclan. "Nistel hat ihr auch noch sein Denn´bok überlassen. Dazu hatte er kein Recht!"
"Das stimmt", sagte F´hursna Sech Duhran, Meisterlehrer für den Umgang mit dem Kampfstab. "Das Denn´bok darf nur von den Eltern an die Kinder weitergegeben werden."
"Oder an eine auserwählte Person, wenn keine Kinder da sind", fügte Delenn hinzu.
"Solange diese Person aus unserem Volk stammt und kein verdammter Mensch ist, mag das ja noch in Ordnung sein", erwiderte Neroon wütend. "Ich finde immer noch, wir hätten die Menschen vernichten sollen, als wir die Gelegenheit dazu hatten."
Delenn seufzte innerlich. Sie verabscheute Diskussionen vor dem Rat der Kastenältesten. Nicht, dass sie etwas dagegen hatte, dass die Leute frei ihre Meinung sagten, sie war es nur leid, sich ein und dasselbe Argument immer wieder anhören zu müssen. Besonders in jener Debatte um die Menschen, die neuen Zunder bekommen hatte, seit Rhiannon auf Minbar lebte.
Nistel, der neben Delenn stand, sah verärgert zu Neroon. "Ich habe meine Wahl getroffen, und ich werde sie nicht mehr rückgängig machen. Außerdem... Riann ist zwar nicht von unserer Welt, aber sie ist uns nicht so fremd, wie ihr Name uns glauben machen will. Sie passt sich unseren Bräuchen an..."
"Aber sie ist und bleibt ein Mensch", warf Neroon ein.
"Das ist unübersehbar." In Delenns Mundwinkel zuckte es. "Trotzdem hat sie geschworen, dass sie sich an unsere Gesetze hält, und ich traue ihr. Zudem ist sie ganz offiziell meine Schülerin und meine Assistentin. Deshalb hat sie alle Rechte, die auch wir Minbari haben. Einschließlich dem Recht, ein Denn´bok zu besitzen."
"Nur vorübergehend", erinnerte Neroon sie.
"Der Mensch kann das Denn´bok von mir aus behalten", sagte Duhran gleichgültig. "Unter einer Bedingung: Sie soll von mir unterrichtet werden." Er sah zu Delenn. "Die religiöse Kaste hat nicht den alleinigen Anspruch auf das Kind."
"Rhiannon ist eine Person, kein Ding", erwiderte Nistel entrüstet. "Niemand hat Anspruch auf sie. Sie ist keine Gefangene und ganz gewiss keine Sklavin."
"Das ist richtig", stimmte eine Frau aus der Kriegerkaste zu, die dem Ältestenrat angehörte. "Aber der Mensch darf nicht allein von der religiösen Kaste erzogen werden."
Neroon sah die Mitglieder seiner Kaste ungläubig an. "Sie sollte überhaupt nicht von uns erzogen werden. Es wäre besser für uns alle, wenn der Mensch zur Erde zurückkehren würde. Dort gehört sie hin. Oder noch besser wäre es, wir würden sie töten, das würde uns eine Menge Ärger ersparen."
Zustimmung folgte aus den Reihen der Kriegerkaste, und zum Teil auch aus der Arbeiterkaste, sogar aus der religiösen Kaste gab es beifälliges Gemurmel.
Delenn lächelte böse. "Wagen Sie es nicht, Rhiannon anzurühren. Sie steht unter meinem Schutz. Außerdem hat sie die Wiedergeburtszeremonie durchlaufen. Ohne triftigen Grund wird der Graue Rat sie nicht einfach so wegschicken."
Verärgerte Stimmen wurden laut.
"Und was die Erziehung betrifft..." fuhr Delenn ungerührt fort. "Rhiannon wurde mir anvertraut. Deshalb werde ich mich auch um ihre Ausbildung kümmern. Abgesehen davon ist Ria noch nicht bereit zu entscheiden, welchem Weg sie schlussendlich folgen will."
Duhran nickte bedächtig. "Das mag schon so sein. Aber ich werde mir das Kind einmal ansehen."
"Wie Sie wollen", entgegnete Delenn. "Ich habe nichts dagegen."
Nach weiterem Hin und Her wurde die Versammlung schließlich aufgelöst. Neroon stürmte als erster aus dem Auditorium, dicht gefolgt von Delenn, Duhran und Nistel.
Rhiannon hatte die ganze Zeit über in der Vorhalle gewartet. Neroon entdeckte das Mädchen sofort und kam mit schnellen Schritten auf sie zu.
"Du hast Glück, Mensch, dass du hier einflussreiche Verbündete hast", knurrte der Krieger. "Aber eines Tages wirst du die nicht mehr haben. Dann wirst du meiner Gnade ausgeliefert sein. Und diesen Tag wünsche ich mir herbei."
Ria sah ihm direkt in die Augen. "Wir Menschen haben ein Sprichwort: Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünscht. Du könntest es bekommen."
Einen Moment lang sah es so aus, als würde er sie schlagen. Rhiannon spannte automatisch ihre Muskeln an, um zur Verteidigung bereit zu sein. Doch sie wusste nur zu gut, sie würde keine Chance haben, sich gegen Neroon zu wehren, wenn er sie wirklich verprügeln wollte. Aber der Krieger wandte sich ab und eilte wütend davon. Ria atmete erleichtert auf und entspannte sich wieder ein wenig.
Duhran lachte schallend und kam zu ihr. Er griff unter ihr Kinn und hob ihren Kopf sanft an. "Du bist ganz schön mutig. Aber lass dir trotzdem einen Rat geben: Halte dich von Neroon fern. Er wird nicht zögern, seine Drohung wahr zu machen."
Ria trat einen Schritt zurück um Distanz zwischen sich und Duhran zu bringen. "Das ist mir klar. Und wenn es soweit ist, werde ich bereit sein."
"Große Worte für ein Kind." Der Denn´bok-Meister musterte sie kühl. "Neroon ist ein erfahrener Krieger, und du weißt noch nichts vom Krieg."
Rhiannons Gesicht verfinsterte sich. "Mag sein, ich bin noch sehr jung, aber ich weiß mehr über den Krieg als mir lieb ist. Ich war fast einen ganzen Monat lang auf der Flucht, nachdem ihr meinen Wohnort angegriffen und zerstört habt. Ich war etwa vier Jahre lang in den Flüchtlingslagern der Narn, und ich habe dort so viele Kranke, Verwundete und Tote gesehen, dass es für mehr als ein Leben reicht."
"Dann solltest du meinen Rat doppelt beherzigen", meinte Duhran. "Noch was: Es ist ein Ausnahmefall, dass du ein Denn´bok besitzen darfst. Wage es also nicht, deinen Kampfstab deinen menschlichen Freunden zu überlassen."
"Das werde ich nicht." Ria verneigte sich leicht.
"Gut." Duhrans Gesichtsausdruck war für sie undeutbar. "Also dann, wir werden uns zu gegebener Zeit wiedersehen."
Damit ging er, und Rhiannon sah ihm verblüfft hinterher."Wer ist das?" fragte sie Delenn.
"F´hursna Sech Duhran. Er ist ein Meister im Umgang mit dem Denn´bok und sorgt dafür, dass die Kampfstäbe nicht in falsche Hände geraten."
"Und dieser Neroon?"
Delenn wirkte verärgert. "Er ist Alyt, Zweiter in der Kommandohierarchie auf einem Kriegsschiff... Hör auf Duhran, und halte dich von ihm fern."
Sie setzte sich in Bewegung, und nach einigen Sekunden lief Ria ihr nach.
"Warte bitte einen Moment!" rief sie. "Ich schätze, eine Menge Minbari sind nicht gerade sehr glücklich darüber, dass ich hier bin, und einigen wäre es sicher wie Neroon am liebsten, wenn ich tot wäre. Aber du kümmerst dich wie eine Mutter um mich und beschützt mich. Und erzähle mir jetzt bloß nicht, du tätest es aus reinem Mitgefühl mit einem Menschen. Ich würde es dir nämlich nicht glauben." Rhiannon griff nach Delenns Unterarm, um sie zum Stehenbleiben zu zwingen. "Also: Was wird hier gespielt? Warum bin ich wirklich hier? Und welchen Preis werde ich zu zahlen haben?"
Beinahe ungläubig sah Delenn zuerst auf ihren Unterarm und dann in Rias Gesicht. Blitzschnell befreite sich die Minbari aus dem Griff ihrer Schülerin und packte nun deren Handgelenk so fest, dass es ihr gerade noch nicht weh tat. Aber Rhiannon wusste, Delenn brauchte nur ihre Muskeln anzuspannen, um ihr das Gelenk zu brechen.
"Ich habe dich sehr gern, aber fass mich nie wieder auf diese Weise an", sagte Delenn fast kalt. "Ich habe dir gesagt, dass du hier bist, um das Verständnis zwischen Minbari und Menschen zu fördern." Sie ließ Ria abrupt los.
"O ja, das hast du gesagt", entgegnete das Mädchen sarkastisch und rieb sich das Handgelenk.
"Glaubst du mir etwa nicht? Minbari lügen nicht!"
"Aber sie sagen einem auch nie die ganze Wahrheit!"
In Delenns Augen blitzte es. "Du wirst keinen höheren Preis zu zahlen haben als wir Minbari, eigentlich wie alle Völker. Das verspreche ich dir."
Das war wieder so eine minbarische Antwort, die gleichzeitig alles und gar nichts aussagte. Rhiannon gefiel das nicht, aber es blieb ihr im Moment nichts anderes übrig, als es erst einmal hinzunehmen.
Delenn bemerkte Rias Unbehagen. "Ich versichere dir, du wirst nichts tun müssen, was du nicht wirklich tun willst. Es gibt immerhin meistens mehrere Arten, etwas zu tun, was getan werden muss. Du wirst deine Entscheidung selber treffen können."
Rhiannon zögerte. "Ich weiß, du würdest mich nicht belügen. Es tut mir leid, wenn es den Anschein hat, als könne ich dir nicht trauen. Aber wo ich herkomme tun die Leute nichts, ohne einen hohen Preis dafür zu verlangen oder zu betrügen."
"Schon gut", meinte Delenn, als sie das Regierungsgebäude von Yedor verließen. "Niemand kann dir aus deiner Vorsicht einen Vorwurf machen."


Fortsetzung: Kapitel 6


Jennifer Fausek
14.10.2002
Website von Jennifer Fausek

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